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Politik: Städte wollen am Geld für Kinder sparen

Kommunen sehen sich als Opfer der Reformen: Wir können uns Betreuung in Kindergärten nicht für alle leisten

Von Antje Sirleschtov

Berlin. Nach dem Deutschen Städtetag droht nun auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund damit, die Pläne der rot-grünen Koalition zum Ausbau der Kinderbetreuung zu blockieren. Die vom Bund in Aussicht gestellten 1,5 Milliarden Euro für die bessere Betreuung von Kleinkindern würden die Kommunen auch dann nicht in neue Betreuungsplätze investieren, wenn sie das Geld hätten, sagte Gemeindebund-Geschäftsführer Gerd Landsberg am Mittwoch. Sie brauchen das Geld für andere Aufgaben.

Familienministerin Renate Schmidt (SPD) nannte die Ankündigungen „durchsichtige Gefechte, um noch mehr Mittel herauszuholen“. Sie versicherte: „Das Geld reicht.“ Das von der Koalition versprochene Geld für die Kinderbetreuung soll mit der zum 1. Januar 2005 geplanten Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe (Hartz-IV) in den Kommunalkassen freiwerden. Dabei geht es um einen Betrag von 2,5 Milliarden Euro, von denen die Städte 1,5 Milliarden Euro für Betreuungseinrichtungen investieren sollen. Der Städte- und Gemeindebund verlangt vom Bund nun nicht nur Nachbesserungen in Milliardenhöhe, um die Arbeitsmarktreformen umsetzen zu können. „Wir brauchen auch mehr Geld für die Kinderbetreuung“, sagte Landsberg. Die Kommunen schätzen, dass sie etwa 2,5 Milliarden Euro zusätzlich benötigen. Landsberg drohte auch ein Scheitern der Hartz-Reformen an, falls die Finanzierung nicht gesichert werde. „Es steht auf Messers Schneide“, sagte er. Für einen Ausbau der Betreuung für Kinder bis 14 benötigten die Kommunen 23 Milliarden Euro.

„Kein Mensch verspricht eine flächendeckende Betreuung für Kinder bis zum 14. Lebensjahr", sagte Familienministerin Schmidt dem Tagesspiegel. Anders als der Städtebund unterstelle, wolle die Koalition ein bedarfsgerechtes Angebot für Kinder aller Altersgruppen weder durch eine verbindliche Quote noch durch einen Rechtsanspruch näher bestimmen. „Das wäre im Moment nicht zu erfüllen, und deshalb werden wir auch keine Schnapsidee in Gesetzesform gießen.“ Schmidt kündigte an, es werde eine Einigung über die Finanzen geben. Die Koalition werde darauf dringen, dass die zusätzlich benötigten Plätze nicht nur durch die Einrichtung neuer Institutionen geschaffen würden. Vielmehr sollten auch bereits existierende Kindertagesstätten für Kinder unter drei Jahren geöffnet und Tagesmütter verpflichtet werden, um den Bedarf zu decken.

Eine Grundgesetzänderung, um Bundesmittel zweckgebunden an die Länder zu leiten, nannte die Ministerin wünschenswert, aber nicht machbar. „Der Kanzler hat deutlich gesagt, dass eine Verfassungsänderung am Kabinett nicht scheitern würde“, sagte sie. „Aber wir werden keine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundesrat bekommen.“

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