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Politik: Standpunkt auf Kommando

Die SPD-Fraktion hat sich über Europas Berufsarmeen informiert. An der Wehrpflicht will sie festhalten – noch

Von Jost Müller-Neuhof

und Robert von Rimscha

Die Wehrpflicht bleibt. Peter Struck hat es am Donnerstag einmal mehr bekräftigt, und man hat den Eindruck, die Hauptaufgabe des Verteidigungsministers ist es heutzutage, die Wehrpflicht zu verteidigen. Anlass war ein Auftritt des Chefs seines Planungsstabes, Franz Borkenhagen, vor der Arbeitsgruppe Sicherheitspolitik der SPD-Bundestagsfraktion. Borkenhagen hatte dort am Mittwoch über die Erfahrungen der Länder berichtet, die eine Berufsarmee eingeführt haben. Sein Fazit, hieß es anschließend in einer Zeitung, sei positiv gewesen. Deutet sich eine Wende in der Verteidigungspolitik an?

Keineswegs, sagt Rainer Arnold, der der Arbeitsgruppe vorsitzt. Borkenhagen habe vor allem über Vor- und Nachteile referiert und dann, wie auch das Ministerium bestätigte, ein ablehnendes Fazit gezogen. Eine Berufsarmee sei eindeutig zu teuer, sagte ein Sprecher Strucks, schon dies erledige alle Argumente für eine Umstellung.

Auch andere Zuhörer haben Borkenhagen nicht in diesem Sinne verstanden. Karin Evers-Meyer sieht den Vortrag ganz auf Regierungslinie. In den kommenen Wochen, da ist sie sich sicher, würde auch die SPD ihre Position deutlicher machen. „Man kann nicht sagen, dass eine Berufsarmee nicht funktioniert. Aber sie hat ihren Preis“, sagt die Abgeordnete. Und den will sie nicht bezahlen: „Mir kommt die Diskussion langsam abwegig vor.“

Allerdings ist sie damit kaum beendet, im Gegenteil. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, hat sich in der „Sächsischen Zeitung“ für eine allgemeine Dienstpflicht von Frauen und Männern ausgesprochen, wenngleich er an der Wehrpflicht festhalten will. Gerechtigkeit sei keine „allein männliche Angelegenheit“. Auch in der SPD-Fraktion geht es bei diesem Thema vor allem um Gerechtigkeit gegenüber der jungen Leuten. „Es muss gerecht zugehen“, fordert Evers-Meyer.

So einig, wie sich die SPD-Fraktion in dieser Frage gibt, ist sie jedoch nicht, und die Opposition ist bemüht, die Kluft zu vergrößern. Der Sicherheitspolitiker in der FDP Fraktion, Günther Nolting, hatte deshalb ein taktisches Lob für den Vorgang übrig und freute sich über „die ersten zaghaften Schritte der SPD auf ihrem Erkenntnispfad zur Aussetzung der Wehrpflicht“. Natürlich würden die Liberalen die Sozialdemokraten nie loben, ohne die Liebespfeile zuvor in Gift zu tauchen: Es bleibe „unerfreulich“, dass mit Borkenhagen ein Mann aus dem Ministerium die Erkenntnis der Realität einleite – und niemand aus der SPD-Fraktion. Die Wehrpflicht erweise sich mehr und mehr als Hemmschuh bei der Transformation der Bundeswehr. „Der Tanker SPD muss sich bewegen“, meint Nolting. Dem außerdem Gedankenspiele nicht passen, nun eine allgemeine Dienstpflicht einzuführen. Die sei falsch, rechtlich nicht umsetzbar, ein „neues Bürokratie-Monstrum“ und eine unnütze Verpulverung von Steuergeld.

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