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Stasi-Beschönigung: Ein linkes Ding

Nach Äußerungen ihrer neuen niedersächsischen Landtagsabgeordneten Christel Wegner ist die Linkspartei empört und fordert Wegners Rücktritt. Aus der Partei ausgeschlossen werden kann Wegner nicht - sie hat nur auf der Landesliste der Linken kandidiert.

Berlin - Wegner hatte in einem Interview die DDR-Staatssicherheit und den Bau der Mauer gerechtfertigt. Der Vize-Vorsitzende der Linkspartei und ehemalige WASG-Chef, Klaus Ernst, sagte dem Tagesspiegel: „Ich bin stinksauer. Frau Wegner erweckt den Eindruck, wir wären von der winzigen DKP unterwandert. Das ist natürlich Unsinn. Sie muss ihr Landtagsmandat niederlegen.“

Aus der Linken könne man das DKP-Mitglied Wegner nicht ausschließen, da sie nie in die Linkspartei eingetreten sei. Wegner habe nur auf der Landesliste der Linken kandidiert. „Sie ist auf dem falschen Ticket in den Landtag gereist", sagte Ernst. Die Positionen Wegners zur Stasi seien nicht nur falsch, sondern hätten ihre politische Daseinsberechtigung völlig verloren. Einen Einzug der Linken in die Hamburger Bürgerschaft am übernächsten Sonntag hält Ernst aber für sicher. „Obwohl Wegners Position abschreckend wirkt.“ Unabhängig von Wegner seien ab Mai Doppelmitgliedschaften in der Linken nicht mehr zugelassen.

Auch der niedersächsische Landesverband der Linken und die Führung der neuen Landtagsfraktion forderten Wegner auf, ihr Mandat zurück zu geben. Die niedersächsische Linksfraktion wollte sich frühestens am Montag mit einem Ausschlussverfahren befassen. Landeschef und Bundestagsabgeordneter Diether Dehm sagte, es gebe keine Rechtfertigung für die Verbrechen der Stasi. „Wer die Staatssicherheit heute rechtfertigt, hat nichts aus der Geschichte gelernt. Ich distanziere mich klipp und klar", sagte Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) dem Tagesspiegel. Die Wähler in Hamburg würden jedoch wissen, dass sich Wegners Positionen nicht mit denen der Linken deckten.

Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sagte hingegen, die Linke habe nun „ihr wahres Gesicht gezeigt“. In Niedersachsen wird die Linke vom Verfassungsschutz beobachtet. Der CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla erklärte, Wegner gehöre nicht mehr in ein deutsches Parlament. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach sagte dem Tagesspiegel: So makaber Wegners Äußerungen seien, man müsse ihr dankbar sein. „Sie steht zu ihrer Überzeugung und macht deutlich was zumindest in Teilen der Linken gedacht wird.“ Was die Beobachtung durch den Verfassungsschutz angeht, sprach sich Bosbach dafür aus, „streng zu differenzieren“ und nur dort zu beobachten, wo Anlass bestünde.

Der Vorgang kommt für die Linke zur Unzeit: Auch im Hamburger Bürgerschaftswahlkampf sind Kandidaten der DKP auf Listenplätzen der Linkspartei vertreten, andere haben eine DKP-Vergangenheit. Der Fall Wegner wirbelt nun eine Debatte auf: Die Linkspartei in Niedersachsen hatte sich im vergangenen Jahr bewusst dafür entschieden, ein Bündnis mit der politisch eigentlich unbedeutenden DKP zu schließen. Im Gegenzug dafür, dass die DKP auf eine eigene Kandidatur für den Landtag verzichtet, wurde einer Vertreterin der DKP ein Listenplatz zugesichert – nicht vier oder fünf, wie der DKP lieb gewesen wäre, aber immerhin Platz neun: Benannt wurde Christel Wegner. Dies geschah, um alle linken Kräfte zu bündeln. Erwartet wurde damals, dass es bei der Landtagswahl nur für knapp fünf Prozent reichen würde. Gregor Gysi, Linksfraktionschef im Bundestag, äußerte nun Zweifel an der Kooperation von Linkspartei und DKP.

Viel spricht dafür, dass die Debatte um Wegner sich noch ausweitet. Sie ist zwar in der elfköpfigen niedersächsischen Landtagsfraktion die einzige, die aktives Mitglied der DKP ist, aber es sind dort noch andere, die eine DKP-Vergangenheit haben. Manfred Sohn, der Fraktionsvorsitzende, war sogar nach dem Ende der DDR im Parteivorstand der DKP. Er gilt allerdings eher als origineller Kopf.

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