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Stasi-Unterlagen: Kein Schlussstrich-Gesetz

Der Bundestag hat eine Novelle zum Stasi-Unterlagengesetz beschlossen. Ab 2007 müssen sich nur noch Spitzenfunktionäre in Politik und Verwaltung auf eine frühere Tätigkeit bei der DDR-Staatssicherheit überprüfen lassen.

Berlin - Der Bundestag verabschiedete eine entsprechende Novelle des Stasi-Unterlagengesetzes. Die Regelanfragen für alle Mitarbeiter im öffentlichen Dienst laufen damit Ende des Jahres 2006 aus. Der Gesetzesänderung stimmten alle Fraktionen mit Ausnahme der Links-Fraktion zu.

Künftig werden nur noch Personen in "herausgehobenen gesellschaftlichen und politischen Positionen" auch ohne Anfangsverdacht überprüft. Zu ihnen gehören auch Sportfunktionäre und Trainer. Die Maßnahme ist auf fünf Jahre befristet. Gestrichen wird ferner der Verjährungsgrundsatz, wonach Mitarbeitern im öffentlichen Dienst eine Stasi-Verstrickung nach 15 Jahren nicht mehr vorgehalten werden durfte. Für Wissenschaftler und Journalisten wird der Zugang zu Stasi-Akten erleichtert.

"Zu starke Fixierung auf Spitzeltätigkeit"

Redner von Union, SPD, Grünen und SPD betonten, das Gesetz bedeute keinen Schlussstrich unter die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) sagte, eine allgemeine Fortsetzung der Regelanfrage hätte aber diskriminierende Züge gehabt. Rund 1,7 Millionen Mitarbeiter im öffentlichen Dienst seien bisher überprüft worden. Im Grunde habe sich jeder öffentliche Bedienstete im Osten mindestens einmal einer Überprüfung unterzogen.

Bei höheren Positionen sei die Fortsetzung der Anfragen weiter begründbar. Hier gehe es um ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Bürger. Thierse mahnte bei der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit eine stärkere Orientierung auf ein "Gesamtbild" an. Bisher gebe es eine zu starke Fixierung auf die Spitzeltätigkeit der Stasi.

Unions-Fraktionsvize Arnold Vaatz (CDU) sagte, es sei weiter notwendig, einen eingeschränkten Personenkreis im öffentlichen Dienst auf frühere Stasi-Mitarbeit zu überprüfen. 30 bis 40 Prozent der Akten seien auch heute noch nicht erschlossen. Vaatz wertete das Gesetz auch als Antwort auf die Dreistigkeit jener früheren Stasi-Mitarbeiter, die noch heute ihre einstigen Opfer verhöhnten und demütigten.

Kritik an Befristung

Die Grünen-Abgeordnete Katrin Göring-Eckardt stellte klar, sie wolle keine Schulen haben, die von Personen geleitet werden, die einmal für die Staatssicherheit gearbeitet haben. Sie sei zudem froh, dass Sportfunktionäre und Trainer weiter überprüft werden sollen. Für die FDP sagte der Abgeordnete Uwe Barth, die Verlängerung der Anfragen für fünf Jahre dürfe nicht so verstanden werden, dass die Überprüfungen dann automatisch enden. Auch Thüringens Sozialminister Klaus Zeh (CDU) bemängelte die Befristung auf fünf Jahre, kündigte aber dennoch die Zustimmung seines Landes im Bundesrat an.

Für die Links-Fraktion sagte die Abgeordnete Luc Jochimsen, die Verlängerung der Anfragen verstoße gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Ihre Fraktion plädiere ferner für eine Zusammenführung der Stasi-Unterlagen mit dem Bundesarchiv, um den Zugang von Forschern zu den Akten zu verbessern. Die Chefin der Stasi-Unterlagenbehörde, Marianne Birthler, verfolgte die Debatte von der Gästetribüne des Parlaments aus. Birthler hatte bereits im Kulturausschuss am Mittwoch die Gesetzesnovelle gutgeheißen. (Von Stefan Uhlmann, ddp)

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