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Steinmeier: Ein bisschen Kanzler

Mit einem „europäischen Zukunftspakt“ will Frank-Walter Steinmeier aus Angela Merkels Schatten heraustreten. Unlängst war ihm das beim Konjunkturpaket gründlich misslungen.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - An den Vorbereitungen - und schon gar am Treffen selbst - der Zusammenkunft der 20 wichtigsten Nationen der Welt an diesem Wochenende ist er nicht beteiligt. Und auch für nationale Investitions- und Steuerpolitik trägt er keinerlei Zuständigkeit. Keine einfache Situation für Frank-Walter Steinmeier. Kommendes Jahr will er Bundeskanzler der SPD werden und ausgerechnet jetzt, wo man sich als zupackender Manager von Weltfinanz- und Weltwirtschaftskrisen für das hohe Amt empfehlen könnte, findet der Kanzlerkandidat keine passende Plattform für einen eigenen Auftritt. Finanzmärkte rettet und reguliert Parteifreund Peer Steinbrück, auf den großen internationalen Gipfeltreffen sieht man Bilder der Kanzlerin. Und selbst Steinmeiers Versuch, vor ein paar Wochen das deutsche Konjunkturpaket – noch vor der Kabinettsbefassung – detailliert in der Öffentlichkeit vorzustellen und damit eigene Handlungskompetenz zu beweisen, gereichte ihm nicht zum erhofften Ruf eines Arbeitsplatzretters.

Der Kanzlerkandidat startet nun einen nächsten Versuch. Diesmal unmittelbar aus seiner Amtszuständigkeit heraus. Als Außenminister nämlich hat Steinmeier in den vergangenen Wochen bei den europäischen Partnern eine „gewisse Unzufriedenheit“ wahrgenommen, wie er sagt. Darüber, dass zur Abmilderung der Rezession in ganz Europa zu wenig koordinierte Konjunkturpolitik betrieben werde. Und darüber, dass die größte europäische Volkswirtschaft ihre Führungsrolle nicht wahrnimmt.

Diese Einschätzung teilt der Vizekanzler der großen Koalition offenbar, es fehle an einem „starken europäischen Impuls“, stellt er fest. Steinmeier will deshalb einen „europäischen Zukunftspakt für Arbeit“ – und legt dazu ein Neun-Punkte-Programm vor. „Energisch“ und „klug“ handeln: Darin sieht Steinmeier die Grundphilosophie seines Paktes.

Im Kern geht es darin um eine Ausweitung aller bereits vorhandenen europäischen Investitionsprogramme. Darunter fallen nicht nur solche Vorhaben, die im Bereich von Daten- und Energienetzen europaweite Netzausbauten vorsehen, sondern auch der Europäische Sozialfonds oder die vielfältigen Strukturfondsbereiche, mit denen neben Arbeitsmarktprogrammen auch regionale Wirtschaftsförderung finanziell unterstützt werden kann. Die Schaffung neuer oder zu mindest die Festigung vorhandener Beschäftigung soll laut Steinmeier dabei zum Kriterium werden – selbst, wenn dafür Genehmigungsvorschriften oder Vorbereitungsprozesse abgekürzt und „entbürokratisiert“ werden müssen. Auch im Bereich von Forschungsprojekten in der regenerativen Energie sieht Steinmeier Potenzial für EU-Investitionen und Arbeitsplatzsicherung. Bessere Koordinierung der europäischen Institutionen und Regierungen, einen Dialog der Sozialpartner nach deutschem Vorbild, ein EU-Mittelstands-Kreditprogramm und sogar die Harmonisierung der Unternehmenssteuer gehören in den Pakt.

Wie die Europäer das alles finanzieren sollen, weiß Steinmeier auch: Er rät dazu, die Verschuldungskriterien der EU weitestgehend auszunutzen, ohne den Stabilitätspakt selbst infrage zu stellen. Bleibt die Frage, wie der Vizekanzler der großen Koalition das von ihm gerade verabschiedete (und von vielen als zu klein befundene) deutsche Konjunkturprogramm vor dem Hintergrund des Beschäftigungspaktes des Kanzlerkandidaten bewertet: Ausreichend, sagt Steinmeier.

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