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Sterbebegleitung: Ethikrat bei Beurteilung von Sterbehilfe uneins

Die Diskussion über die rechtliche Zulässigkeit von Sterbehilfe hält weiter an. Der Nationale Ethikrat plädiert dafür, dass Tötung auf Verlangen weiterhin strafbar bleiben sollte.

Berlin - Der Nationale Ethikrat fordert für Sterbende eine intensive Begleitung und weitgehende Selbstbestimmung. Jeder unheilbar kranke und sterbende Mensch habe einen Anspruch, unter menschenwürdigen Bedingungen behandelt, gepflegt und begleitet zu werden, hieß es in einer am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Stellungnahme. Eine ausreichende stationäre und ambulante Versorgung der Patienten sei ebenso geboten wie eine verbesserte Aus- und Fortbildung von Ärzten und Pflegern im Umgang mit Schwerkranken und Sterbenden.

Bei allen Maßnahmen der Sterbegleitung und der Therapien am Lebensende müsse der Wille des Betroffenen maßgebend sein, forderte der Ethikrat. Ärzte sollten dabei Aspekte der Lebensqualität des Patienten über die maximale Verlängerung seines Lebens stellen dürfen, ohne strafrechtliche Verfolgung befürchten zu müssen. Zum Sterbenlassen gehöre, dass jeder Patient das Recht habe, eine medizinische Maßnahme abzulehnen. Gleiches gelte, wenn der Betroffene zu einer Erklärung außer Stande ist, seine Ablehnung aber hinreichend sicher etwa aus einer Patientenverfügung hervorgeht. In Zweifelsfällen habe allerdings die Erhaltung des Lebens Vorrang.

Neue Begriffe gefordert

Das ehrenamtliche Engagement bei der Sterbebegleitung sollte nach Auffassung des Expertengremiums stärker gefördert werden. So sollten Angehörige kompetent beraten werden. Der Ethikrat plädierte zudem dafür, die Begriffe der "aktiven, passiven und indirekten Sterbehilfe" zu ersetzen, da diese missverständlich seien. Stattdessen schlug das Gremium eindeutigere Begriffe wie "Sterbebegleitung", "Sterbenlassen" und "Beihilfe zur Selbsttötung" vor.

Rechtsordnung und gesellschaftliche Praxis sollten nach Auffassung des Ethikrates darauf abzielen, auch schwerkranke Menschen von Suizidabsichten abzubringen und ihnen Perspektiven zu eröffnen. Bestünden aber beim Suizidversuch eines Schwerkranken klare Anhaltspunkte dafür, dass der Versuch aufgrund eines ernsthaft bedachten Entschlusses erfolge und dass der Betroffene jegliche Rettung ablehne, so sollten nach Auffassung der Mehrheit der Mitglieder Ärzte oder Angehörige von einer Intervention absehen dürfen, ohne Strafverfolgung befürchten zu müssen.

Mit Blick auf die Zulässigkeit der ärztlichen Beihilfe zum Suizid und der organisierten Beihilfe zum Suizid bestehen im Ethikrat teils unterschiedliche Auffassungen, wie das Gremium mitteilte. Die Tötung auf Verlangen soll aber nach Auffassung des Rates weiter strafbar bleiben.

Kirche begrüßt Stellungnahme des Ethikrats

Die katholische und evangelische Kirche lobten die Stellungnahme, äußerten jedoch auch Kritik. "Wir begrüßen, dass sich der Nationale Ethikrat einmütig dafür ausspricht, die Strafbarkeit und damit das Verbot der Tötung auf Verlangen beizubehalten, jede Anstiftung zur Selbsttötung als ethisch verwerflich zu verurteilen und alle gewinnorientiert betriebenen Formen der Sterbebegleitung abzulehnen", erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann. Es falle jedoch auf, dass in vielen grundlegenden Fragen offenbar keine Einigung unter den Mitgliedern bestehe. Insbesondere im Blick auf die Überlegungen zu Selbstmord, Suizidintervention und Beihilfe zum Selbstmord wichen die Auffassungen teils erheblich voneinander ab.

Auch der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, nannte es trotz positiver Würdigung der Stellungnahme "verhängnisvoll", dass der Ethikrat mit Blick auf die Beihilfe zum Suizid und die Tötung auf Verlangen nicht zu klareren Ergebnissen komme. Die evangelische Kirche wolle Ärzte weiterhin darin unterstützen, ihre bisherige Haltung beizubehalten, am ärztlichen Ethos der Fürsorge für das Leben festzuhalten.

Die Deutsche Hospiz Stiftung begrüßte, dass sich der Ethikrat einem Thema gewidmet habe, das in Politik und Gesellschaft noch immer viel zu wenig Beachtung finde. Die Stellungnahme sei ein klares Zeichen für Selbstbestimmung und umfassende Sterbebegleitung, aber gegen Euthanasie, erklärte der Geschäftsführende Vorstand, Eugen Brysch. (tso/AFP)

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