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Steueraffäre: Steinbrück will Geldströme kontrollieren

Finanzminister erwägt in der Liechtenstein-Affäre Schritte gegen Steuerflüchtlinge – notfalls auch ohne die EU.

Berlin - Im Steuerstreit mit Liechtenstein will Deutschland notfalls im europäischen Alleingang eine schärfere Kontrolle der Geldströme durchsetzen. Vor einem Treffen der EU-Finanzminister kündigte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) an, dass Deutschland Maßnahmen gegen Steuersünder ergreifen werde, falls es keine Fortschritte auf europäischer Ebene gebe. Unterdessen macht die Bundesregierung ihre Zustimmung zum Schengen-Beitritt Liechtensteins davon abhängig, dass das Fürstentum bei der Verfolgung von Steuersündern in Zukunft verstärkt hilft.

In der Affäre um massenhafte Steuerhinterziehung über Liechtensteiner Stiftungen haben die Fahnder in Deutschland bislang rund 150 Beschuldigte ins Visier genommen. Bereits bei seinem Besuch in Berlin hatte Liechtensteins Regierungschef Otmar Hasler der Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vergangene Woche eine bessere Zusammenarbeit im Kampf gegen Steuersünder versprochen. Am Donnerstag erklärte Hasler in Brüssel, „dass die Verhandlungen über ein umfassendes Steuerbetrugsabkommen mit der EU mit allen Mitgliedsländern inklusive Deutschland sehr weit fortgeschritten sind“. Der Regierungschef fügte aber hinzu, dass Liechtenstein die berechtigten Interessen seiner Bürger vertreten werde.

Hasler war nach Brüssel gekommen, um dort ein Protokoll über den Schengen-Beitritt des Fürstentums zu unterzeichnen. Liechtenstein wird voraussichtlich am 1. November gemeinsam mit der Schweiz der Schengen-Zone beitreten, in der es keine Grenzkontrollen zwischen europäischen Staaten mehr gibt. Das Protokoll muss von den EU-Mitgliedstaaten noch ratifiziert werden. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, dass die Bundesregierung „grundsätzlich“ bereit sei, das Abkommen zu ratifizieren. „Aber natürlich muss auch das eingehalten werden, was der liechtensteinische Regierungschef zugesagt hat.“

Der Chef des EU-Ausschusses des Bundestages, Gunther Krichbaum, sagte dem Tagesspiegel, Liechtenstein sei im Steuerstreit mit Deutschland bislang „befriedigende Antworten schuldig geblieben“. Er forderte, die Ratifizierung des Schengen-Protokolls für Liechtenstein so lange auf Eis zu legen, „bis wir zu einem befriedigenden Ergebnis gelangt sind“. So müsse Liechtenstein die dritte EU-Geldwäscherichtlinie umsetzen und den deutschen Finanzbehörden ähnlich wie im Umgang mit den USA Kontrollmitteilungen über Anleger zukommen lassen. Innerhalb des Schengen-Raums seien einheitliche Sicherheitsstandards erforderlich. Dies müsse auch für den Kampf gegen die Geldwäsche gelten.

Der SPD-Europapolitiker Axel Schäfer sagte, der Bundestag müsse die Bundesregierung dazu auffordern, Liechtenstein zur besseren Kooperation zu verpflichten. Er fügte aber hinzu, dass Deutschland als traditioneller Anwalt kleiner Länder in Europa im Steuerstreit mit Vaduz eine Balance wahren müsse. Auf der einen Seite müsse die Bundesregierung „dem Recht zur Geltung verhelfen, weil auch kleine Länder große Probleme mit sich bringen können“. Andererseits dürfe Deutschland sein Gewicht in der politischen Auseinandersetzung mit dem Fürstentum nicht über Gebühr ausnutzen.

Zuvor hatte Finanzminister Steinbrück im Gespräch mit den „Ruhr-Nachrichten“ erklärt, dass Deutschland „eine Quellenbesteuerung für jede Überweisung von Deutschland nach Liechtenstein“ einführen könnte, falls die EU keine Fortschritte bei der Schließung von Steuerschlupflöchern mache. Am Dienstag wollen die EU-Finanzminister über Konsequenzen aus der Liechtensteiner Steueraffäre beraten. In der vergangenen Woche hatte der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker, der auch Vorsitzender der Euro-Finanzminister ist, gesagt, einzelne Staaten dürften sich „nicht auf Kosten der Nachbarn“ bereichern. Er hatte allerdings auch hinzugefügt: „Nicht Liechtenstein ist der Steuersünder, sondern die Steuersünder haben die deutsche Staatsbürgerschaft.“

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