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Steuerfinanzierung: Stoiber will Gesundheitsreform notfalls verschieben

Die Auseinandersetzung über eine Steuerfinanzierung der Gesundheitsreform könnte den Zeitplan der Koalition gefährden. Bayerns Ministerpräsident Stoiber hat bereits eine Verschiebung der Reform ins Gespräch gebracht.

Berlin - CSU-Chef Edmund Stoiber sagte am Samstag, wenn die SPD von den Steuerplänen nicht Abstand nehme, sei es besser, sich mit der Entscheidung über die Gesundheitsreform etwas mehr Zeit zu lassen. Dagegen sprach sich SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles für eine starke Steuerfinanzierung des Gesundheitssystems aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, das Gesundheitswesen müsse so organisiert werden, dass der medizinische Fortschritt die Lohnnebenkosten nicht in die Höhe treibe. Nach Medienberichten beabsichtigen die Spitzen von CDU und SPD, die Krankenkassenbeiträge zu senken und im Gegenzug die Steuern massiv zu erhöhen. Die Eckpunkte der Gesundheitsreform sollen nach den bisherigen Plänen bis zu Beginn der parlamentarischen Sommerpause feststehen.

Merkel sagte, ihr Ziel sei ein solidarisches Gesundheitssystem, das die Risiken für jeden Einzelnen überschaubar halte. Auch in Zukunft müsse jeder die medizinische Versorgung erhalten, die er benötige - unabhängig von seinem Geldbeutel. "Wer einzahlt, muss nachvollziehen können, wo das Geld bleibt", sagte sie. Zudem müsse es leichter werden, zwischen Kassen zu wechseln. "Wir brauchen mehr Wettbewerb und weniger Bürokratie im Gesundheitswesen, damit die Qualität weiter steigt und die Gelder effizienter eingesetzt werden", sagte sie.

Stoiber sagte, die diskutierten Steuererhöhungen von bis zu 45 Milliarden Euro seien mit dem steuerpolitischen Profil der Union nicht zu vereinbaren. "Eine solche Steuerlawine ist für die CSU und für die Bürger ganz eindeutig ein Schritt zuviel", sagte er. "Sprechen können wir darüber, die Kinder aus Steuermitteln zu versichern, so wie CDU und CSU dies bereits beschlossen haben."

Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Peter Ramsauer, sagte, zu hohe Steuerzuschüsse pervertierten den Solidaritätsgedanken.

Nahles: "Keine halben Sachen machen"

Nahles entgegnete, wenn die Koalition das Gesundheitssystem umstellen wolle, dürfe sie keine halben Sachen machen. Sie wies Stoibers Vorschlag zurück, lediglich die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern über Steuern zu finanzieren. "Wenn wir auf Steuern umsteigen, dann dürfen die nicht zweckgebunden für Kinder eingesetzt werden, sondern müssen eine eigenständige Einnahmensäule bilden", sagte sie. Zur Finanzierung schlug Nahles ein Anheben der Progressionskurve im Einkommensteuertarif vor. Höhere Umsatzsteuern lehnte sie ab. Außerdem müssten die Privatversicherten über die höhere Steuerbelastung hinaus einen Beitrag von drei bis fünf Milliarden Euro zur Finanzierung der gesetzlichen Kassen leisten.

Der Chef des Verbandes der privaten Krankenversicherungen (PKV), Reinhold Schulte, sagte, für eine solche Zahlung gebe es weder eine rechtliche noch eine sachliche Grundlage. Er warnte davor, gesetzlich Versicherten den Wechsel zu den PKV weiter zu erschweren. Schon jetzt hätten die privaten Versicherungen im Geschäft mit Angestellten keinen Zuwachs mehr. Schulte forderte eine Senkung der Beitragsbemessungsgrenze, ab der sich Angestellte privat versichern können. Sie solle von derzeit 3900 Euro pro Monat zumindest auf das Niveau von 2003 zurückgefahren werden, als sie bei 3375 Euro lag.

Der Vorsitzende des Sachverständigenrates der Bundesregierung Bert Rürup, kritisierte, es sei problematisch, einfach Steuergelder in das Gesundheitssystem zu pumpen. Steuererhöhungen seien nur vertretbar, wenn damit gesamtgesellschaftliche Aufgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wie die kostenlose Mitversicherung der Kinder finanziert würden. "Wer auch die Umverteilung zwischen Arm und Reich in der GKV über Steuern finanzieren will, muss im Umkehrschluss die einkommensabhängigen Beiträge abschaffen und durch kostenorientierte Pauschalen ersetzen", argumentierte Rürup. (Von Martin Roy, ddp)

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