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Steuerhinterziehung: Bankgeheimnis: Nach Schweizer Art

Nach der Liechtenstein-Affäre um Datensätze von Steuersündern vor zwei Jahren wuchs auch der Druck auf die Schweiz, ihr Bankgeheimnis zu lockern. Was hat sich seitdem in der Alpenrepublik geändert?

Die Schweiz gerät im Streit um Steuerhinterzieher zunehmend unter Druck. Politiker und Banken fordern nun eine entschlossene Verteidigung der Finanzinteressen des Landes. Nach den letzten harten Attacken aus Deutschland – Ex-Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) drohte Helvetien mit „Peitsche“ und „Kavallerie“ – könnte sich das Klima zwischen den Nachbarn rapide verschlechtern.

Das Finanzministerium in Bern erklärte am Montag, die Schweiz werde keine Amtshilfe auf Basis von gestohlenen Kundendaten leisten. Ein solcher Datenkauf verstoße gegen Treu und Glauben sowie Recht und Ordnung. In diesem Fall dürfen betroffene Schweizer Banken keine Informationen über Schwarzgeld an Deutschland herausgeben.

In den Mittelpunkt der Debatte rücken das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz sowie das Bankgeheimnis. Die Schweiz und andere Kapitalfluchtburgen hatten im vergangenen Jahr nach erheblichem internationalen Druck eingewilligt, neue Doppelbesteuerungsabkommen mit wichtigen Partnern zu schließen. Die Vereinbarungen sollen auf den Regeln der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) basieren. Die Partner sind gehalten, gegenseitige Amtshilfe bei Steuerhinterziehung zu gewähren und Informationen auszutauschen. Mit ihrem Entgegenkommen wollte die Schweiz verhindern, auf die „schwarze Liste“ der OECD mit Steueroasen zu kommen. Genau das hatte Steinbrück damals gefordert. Im Kern aber würden diese Abkommen das Ende des Schweizer Bankgeheimnisses besiegeln. Nach dem Bankgeheimnis gilt Steuerhinterziehung nicht als strafrechtlich relevantes Delikt, die Schweizer leisten bei Steuerhinterziehung keine Amtshilfe und tauschen keine Informationen aus.

Das Bankgeheimnis war für die Schweizer jahrzehntelang Gold wert. Es spülte den Geldhäusern in Zürich, Genf und Lugano Milliarden in die Tresore; bei einem nicht unerheblichen Teil der Summen handelt es sich um Schwarzgeld.

Falls deutsche Politiker die gestohlenen Daten erwerben, sollte die Schweiz eine Aussetzung der Verhandlungen über das Doppelbesteuerungsabkommen prüfen, verlangt nun die einflussreiche Schweizerische Bankiervereinigung. „Die deutsche Seite kann nicht einen kriminellen Akt unterstützen und dann mit der Schweiz in Verhandlungen treten“, sagte der Sprecher der Vereinigung, Thomas Sutter, dem Tagesspiegel. In jedem Fall gehörten in diesen Vertrag „Klauseln“ über ein Nutzungsverbot widerrechtlich erlangter Daten, fordert der Abgeordnete der Christlichdemokratischen Volkspartei, Pirmin Bischof. Der Diebstahl von Finanzinformationen sei „moderner Bankraub und muss entsprechend hart bestraft werden“. Kriminell erworbene Daten dürften bei der Jagd auf Steuersünder nicht verwendet werden. Auch Bundespräsidentin Doris Leuthard und Verteidigungsminister Ueli Maurer hatten Berlin vor einem Kauf gestohlener Daten gewarnt. Ins gleiche Horn stößt die Schweizerische Volkspartei (SVP). Die stärkste Partei des Landes will sich das Ende der lukrativen Regelung nicht gefallen lassen. Für die rechtsnationale Kraft ist die Aushöhlung der Regelung Landesverrat. SVP-Präsident Toni Brunner beschimpfte die Regierung, die die Doppelbesteuerungsabkommen verhandelt, als „Sicherheitsrisiko“. Notfalls will die SVP ein Referendum erzwingen. Zudem will die Partei das alte, harte Bankgeheimnis in der Verfassung absichern.

Geschwächt wurde das Bankgeheimnis auch im Streit um die Schweizer UBS. Die US-Behörden hatten der Großbank vorgeworfen, tausenden US-Kunden geholfen zu haben, Geld am Fiskus vorbei in die Schweiz zu schaffen. Um einer Zivilklage zu entgehen, übergab die UBS 2009 die Namen von rund 4700 Kunden.

Jan Dirk Herbermann

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