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Die umstrittenen Ankäufe von Daten-CDs aus der Schweiz sollen tabu sein, sobald es ein Steuerabkommen mit der Eidgenossenschaft gibt – doch das ist nicht in Sicht. Foto: dapd

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Steuerhinterziehung: SPD will Abkommen mit der Schweiz kippen

Die SPD macht ernst: Über den Bundesrat wollen die Sozialdemokraten das Steuerabkommen mit der Schweiz zu Fall bringen. CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble kann sich indes über einen ungewöhnlichen Alliierten freuen: die Piraten.

Von Antje Sirleschtov

Der Streit um das Geld vermögender Deutscher in der Schweiz geht in eine neue Runde. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) kündigte am Donnerstag an, dass die SPD-geführten Bundesländer aller Voraussicht nach einem bereits fertig verhandelten Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Eidgenossenschaft nicht zustimmen werden. In diesem Fall würde das Abkommen nicht wie vorgesehen im Januar 2013 in Kraft treten.

Beck, der die SPD-geführten Länder im Bundesrat koordiniert, sagte, aus jetziger Sicht sehe er keine Mehrheit für eine Zustimmung in der Länderkammer. Zugleich wies er den Vorwurf des hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) zurück, die SPD blockiere das von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ausgehandelte Abkommen mit der Schweiz. Nicht der deutsche Fiskus tue unrecht, wenn er Steuerhinterzieher verfolge, sondern die Steuerhinterzieher und die Banken, die ihnen dabei helfen. „Im landläufigen Sinne würde man das Hehlerei nennen“, sagte Beck.

Der Mainzer Regierungschef fügte hinzu, er glaube auch nicht, dass in einem überschaubaren Zeitraum eine Nachverhandlung des Abkommens mit der Schweiz möglich sei. Das Problem seien dabei vor allem Widerstände in der Schweiz selbst. Allerdings werde er sich am 22. September noch zu einem Gespräch mit der Schweizer Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf treffen, kündigte Beck an.

Das Steuerabkommen sieht vor, dass deutsches Schwarzgeld in der Schweiz rückwirkend pauschal mit 21 bis 41 Prozent besteuert wird. Auf künftige Kapitalerträge sollen wie hierzulande gut 26 Prozent fällig werden. Der Kauf von CDs mit Daten von Steuerhinterziehern soll ein Ende haben. Gleichzeitig können deutsche Steuerbehörden innerhalb von zwei Jahren maximal 1300 Auskunftsersuchen an die Schweiz stellen. Finanzminister Schäuble hatte das Abkommen in jüngster Zeit verteidigt und auf die Milliardeneinnahmen hingewiesen, die ab 2013 dem Fiskus zufließen könnten. SPD, Grüne und Linke finden, dass Steuerhinterzieher zu gut wegkommen, obwohl die Steuersätze in Nachverhandlungen bereits nach oben verschoben wurden. Der SPD-Fraktionsvize Joachim Poß warf Schäuble zudem vor, er stelle die Einnahmen aus dem Abkommen in der Öffentlichkeit als zu hoch dar, um Druck auf die Opposition auszuüben. Die SPD werde das nicht mitmachen, bekräftigte Poß.

Ob es in den kommenden Wochen noch zu Verhandlungen zwischen der Schweiz und dem Bundesfinanzministerium kommt, ist unklar. In Schäubles Ministerium hieß es, spezielle Gespräche zu diesem Thema seien nicht vorgesehen.

Piraten zeigen NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans an

Die umstrittenen Ankäufe von Daten-CDs aus der Schweiz sollen tabu sein, sobald es ein Steuerabkommen mit der Eidgenossenschaft gibt – doch das ist nicht in Sicht. Foto: dapd
Die umstrittenen Ankäufe von Daten-CDs aus der Schweiz sollen tabu sein, sobald es ein Steuerabkommen mit der Eidgenossenschaft gibt – doch das ist nicht in Sicht. Foto: dapd

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Das nordrhein-westfälische Finanzministerium wies darauf hin, dass Selbstanzeigen von Steuerhinterziehern auch nach Ankäufen sogenannter Steuer-CDs weiterhin möglich seien. Steuerhinterzieher könnten auch nach dem vollzogenen Ankauf von Bankdaten Straffreiheit erlangen, wenn sie sich den Finanzbehörden offenbaren, erklärte das Düsseldorfer Landesfinanzministerium.

Abgeordnete der Piratenpartei zeigten indes NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) wegen des Ankaufs gestohlener Bankdaten aus der Schweiz an. Es bestehe der Verdacht, dass sich der SPD-Politiker der Beihilfe oder der Anstiftung zu einer Straftat schuldig gemacht haben könnte, teilte der Piraten-Abgeordnete Dirk Schatz am Freitag in Düsseldorf mit. Schatz hat die Strafanzeige zusammen mit einem NRW-Kollegen und einem Abgeordneten aus Schleswig-Holstein gestellt. Seine Fraktion steht nicht hinter der Anzeige. Auch der NRW-Landesverband kritisierte den Schritt.

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf bestätigte den Eingang. Ein Sprecher sagte, bisher seien Anzeigen wegen des Ankaufs von Steuerdaten „mangels zureichender Anhaltspunkte für einen strafrechtlich relevanten Sachverhalt“ zurückgewiesen worden. Walter-Borjans nannte die Anzeige „bemerkenswert“. „Die Kämpfer für Transparenz und gegen den Schutz des geistigen Eigentums werden zu Hütern des Schweizer Bankgeheimnisses und der dort angelegten Schwarzgeldmilliarden“, sagte er laut einer Mitteilung. (mit AFP/dpa)

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