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Der SPD-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Martin Schulz am Mittwoch bei einem Bürgerforum in Rostock.

© Bernd Wüstneck/dpa

Update

Steuerpläne nach NRW-Wahl: SPD-Sprecher dementiert Ankündigung des eigenen Finanzexperten

Sonntag entscheidet sich die Zukunft der Regierung von Hannelore Kraft in NRW. Doch Kanzlerkandidat Martin Schulz wird SPD-Fraktionsvize Schneider zufolge erst am Tag danach seine Steuerpläne vorstellen.

Es ist ein munteres Gespräch am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin". Der SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider ist bei Dunja Hayali zu Gast. Thema sind die neue Steuerschätzung am Nachmittag, die erwarteten Mehreinnahmen in Milliardenhöhe - und damit die Debatte, ob es Entlastungen für die Bürger geben soll. Doch wenn es konkret wird, sagt der Finanzexperte nur Sätze wie: "Das lasse ich meinem Parteivorsitzenden." Er wolle "keine Instrumentendebatte führen". Und: "Das überlasse ich auch Martin Schulz."

Was Schneider hingegen ankündigt: Der SPD-Chef und Kanzlerkandidat werde am Montag einen Vorschlag unterbreiten, mit welchen Instrumenten er untere und mittlere Einkommen entlasten will. Ausgerechnet einen Tag nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, wo sich am Sonntag die Zukunft der Regierung von Hannelore Kraft entscheidet - und nicht etwa vorher. "Das ist schlechtes Timing", wendet Hayali ein. "Naja", sagt Schneider - und weicht aus, indem er auf Erfolge der Düsseldorfer Landesregierung im Kampf gegen Steuerbetrug verweist.

Viel konkreter dürfte es jedoch auch am Montag nicht werden. Ein SPD-Sprecher dementiert auf Tagesspiegel-Anfrage die Ankündigung des Fraktionsvizes. Schulz werde in der Sitzung des Parteivorstands keinen Vorschlag zu Instrumenten vorlegen. Allerdings würden allgemeine Leitlinien zur Steuerpolitik beraten.

In Schneiders Umfeld ist daraufhin von einer unglücklichen Formulierung die Rede. Es seien die allgemeinen Eckpunkte zur Steuerpolitik für das Wahlprogramm gemeint gewesen. Vorschläge zu Instrumenten für eine Entlastung mittlerer und unterer Einkommen werde es keine geben.   

zuClever, eine neue Taktik. Erst nach der Wahl zu sagen, was man machen will, hat eindeutig den Vorteil, dass man nicht als Wahllügner angeprangert werden kann. Hat aber den Nachteil, dass man so keine Wähler gewinnt.

schreibt NutzerIn kurz

Höherer Spitzensteuersatz - aber ab welchem Einkommen?

Im ZDF beschränkt sich Finanzexperte Schneider ebenfalls auf einige Leitplanken. "Wir wollen keine neuen Schulden, und wir wollen die Überschüsse, die wir haben, nutzen für Investitionen und für Entlastungen." Es werde "keine flächendeckende Entlastung mit der Gießkanne" geben, sagt Schneider (bezugnehmend auf Schulz). "Wir wollen das sehr gezielt bei denjenigen machen, die hart arbeiten und wenig im Endeffekt im Monat noch im Portemonnaie haben."

Der Spitzensteuersatz solle nicht schon ab 53.000 Euro gelten, sondern erst bei einem höheren Einkommen, dann aber auch höher ausfallen. Eine genaue Schwelle will der Sozialdemokrat nicht angeben. Vermögende stärker besteuern, um untere und mittlere Einkommen zu entlasten, "das wird das Konzept der SPD sein".

Wer zwischen 1500 und 2000 Euro brutto verdiene, zahle ohnehin fast keine Einkommensteuer. "Jede Steuerentlastung geht bei denen vorbei", sagt Schneider. Deshalb sollten besser Sozialabgaben oder Kita-Beiträge in den Blick genommen werden als eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Letzteres fordern etwa Vertreter der Union, was die SPD genau dazu sagt, überlässt der Fraktionsvize lieber: Martin Schulz am Montag.

Weniger Zurückhaltung legt Schneider an den Tag, als es um die vom Bundesfinanzminister in Aussicht gestellten Steuersenkungen geht. Wolfgang Schäuble sieht einen Spielraum von jährlich 15 Milliarden Euro. Die Zahl des CDU-Politikers sei "ohne jedes Konzept", kritisiert Schneider. "Kann sein, er meint damit die obersten Einkommen, also über 100.000 (Euro), oder er meint die unteren."

Der Arbeitskreis Steuerschätzung hat am Donnerstag die neue Einnahmeprognose für die Staatskassen vorgestellt. Danach kann der Bund bis 2012 mit einem Steuerplus von 54,1 Milliarden Euro rechnen.

Beim nächsten Besuch im "Morgenmagazin" werde aber "Tacheles" geredet, sagt Moderatorin Hayali zum Schluss. "Sehr gerne", antwortet Schneider. (mit dpa)

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