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Steuerpolitik: Koalitionsstreit um "Reichensteuer" eskaliert

Es geht um relativ geringe Summen, aber um viel Ideologie und Symbolik: Der neu aufgeflammte Streit um die für 2007 geplante "Reichensteuer" könnte zur ernsten Koalitionskrise werden, sollten sich Union und SPD nicht auf einen Kompromiss einigen.

Berlin - Der soll zunächst am Montag im Koalitionsausschuss ausgelotet werden und könnte am Ende zu Änderungen auch anderer Steuermaßnahmen führen. Schon am kommenden Mittwoch soll das «Steueränderungsgesetz 2007» vom Kabinett beschlossen werden. Das enthält neben der «Reichensteuer» auch die von der Koalition geplante Kürzung der Pendlerpauschale und des Sparerfreibetrages sowie Einschnitte beim Kindergeld.

Die «Reichensteuer» war schon bei den Verhandlungen zur großen Koalition im vergangenen November einer der umstrittensten Punkte. Die Sozialdemokraten beharrten darauf, dass für Topverdiener mit einem Jahreseinkommen von mehr als 250 000 Euro die Einkommensteuer von 42 auf 45 Prozent erhöht wird. Für Verheiratete sollte der Zuschlag von 500 000 Euro an gelten. Die Union wiederum setzte im Koalitionsvertrag durch, dass gewerbliche Einkünfte davon ausgenommen bleiben und damit nur vermögende Privatpersonen mehr zahlen müssen. Mittelständler, die ebenfalls der Einkommensteuer unterliegen, sollten verschont werden. Diese Ausnahme birgt Verfassungsprobleme und verstößt gegen den Gleichheitssatz, fand die Bundesregierung heraus.

Möglich wäre nun, dass die «Reichensteuer» nicht kommt oder die Ausnahme für gewerbliche Einkünfte fällt. Die Regierung könnte auch eine Verfassungsklage einkalkulieren und auf Zeit spielen. Dass die Sozialdemokraten auf die «Reichensteuer» verzichten, gilt als ausgeschlossen. Ohne Beitrag der Reichen werde kaum den vereinbarten Kürzungen bei Sparerfreibetrag und Pendlerpauschale zugestimmt, heißt es. Die Union beharrt auf Umsetzung des Koalitionsvertrages und schließt aus, die Zusatzsteuer auf Gewerbeeinkünfte auszudehnen.

Ob daher ein Zwei-Stufen-Verfahren die Lösung ist, bleibt offen. Danach würde die «Reichensteuer» 2007 auch Personengesellschaften mit hohen gewerblichen Einkünften treffen. Betroffen wäre demnach auch der Chef etwa eines weltweit agierenden und Milliarden umsetzenden, aber als Kommanditgesellschaft firmierenden Familienbetriebs. 2008 würde die geplante Reform der Unternehmensteuern in Kraft treten, bei der wahrscheinlich nicht mehr zwischen Gewinn des Unternehmens und Gewinn des Unternehmers (Geschäftsführergehalt) unterschieden wird - hier also Rechtsformneutralität erreicht wird.

Mittelständler könnten dann Gewinne, die sie in ihren Betrieb investieren, versteuern wie Konzerne - möglicherweise mit einem Satz knapp unter 30 Prozent. Die «Reichensteuer» wäre hier nicht fällig. Schüttet das Unternehmen aber Gewinne aus und nutzt der Firmenchef diese für sich, müsste er darauf wie bisher Einkommensteuer von bis zu 42 Prozent plus «Reichensteuer» zahlen. Derzeit beträgt für fast 80 Prozent der Personengesellschaften, die die Mehrheit der deutschen Firmen stellen, die Steuerlast weniger als 15 Prozent.

Eine andere Option wäre, die «Reichensteuer» jetzt zu beschließen, die Einführung aber bis 2008 zu verschieben. Im Gegenzug könnten die ebenfalls umstrittenen Kürzungen bei Sparerfreibetrag und Pendlerpauschale stufenweise umgesetzt werden. Die Pendlerpauschale, bei der es ebenfalls Verfassungsprobleme geben könnte, steht am Montag auch auf der Tagesordnung. Die Koalition wollte sie bisher für die ersten 20 Kilometer ganz abschaffen. Möglich wäre, die Pauschale von derzeit 30 Cent entfernungsabhängig auf 15 oder 20 Cent zu kürzen. Der Arbeitnehmerpauschbetrag, der bereits 2004 von 1044 auf 920 Euro gekürzt wurde, soll eigentlich beibehalten werden. Aber auch er könnte nun genauso zu einem Kompromisspaket gehören wie die geplante Kürzung des Sparerfreibetrages. (tso/dpa)

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