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Eine Entlastung muss kommen.

© dpa

Steuerreform: Eine Soli-Aktion für die Bürger

Die Inflation ist niedrig. Daher ist jetzt die Gelegenheit, den Einkommensteuertarif dauerhaft an die Preissteigerung anzupassen. Die kalte Progression muss ein Ende haben. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Der Solidaritätszuschlag wird wohl bald Geschichte sein. Er wird, darauf laufen die Gespräche über die Reform der Bund-Länder-Finanzen hinaus, mit dem Auslaufen des Solidarpakts 2020 nicht mehr erhoben. Eine Entlastung der Steuerzahler wird es dennoch nicht geben. Denn der Soli wird dann, so die Idee, in die Einkommensteuer integriert. Die fällt dann für alle höher aus. Darin kann man eine Steuererhöhung erknnen, jedenfalls dann, wenn man den Soli als befristeten Zuschlag sieht, der im Zusammenhang mit dem Aufbau Ost erhoben werden sollte (warum sonst hätte er seinen Namen bekommen?). Im Gesetz ist er aber zeitlich nicht befristet worden. Insofern ist es also wieder keine Steuererhöhung, sondern nur eine Umwidmung einer bestehenden Zahlungspflicht der Bürger. So sieht es jedenfalls das Bundesfinanzministerium.

Schlechtes Gewissen?

Immerhin gibt es einige in der Politik, welche die Aktion, vielleicht auch aus schlechtem Gewissen, etwas bürgerfreundlicher gestalten wollen und vorschlagen, sie mit dem Ende der „kalten Progression“ zu verbinden. Die entsteht durch das Nichtausgleichen der Inflation im Einkommensteuertarif. Vereinfacht gesagt mindert die kalte Progression den Kaufkraftzuwachs oder frisst ihn sogar ganz weg. Bei Arbeitnehmern, die über längere Zeit keine Gehaltserhöhung bekommen, ist der Effekt entsprechend: die Steuerbelastung bleibt gleich, obwohl die Kaufkraft wegen der Inflation ständig sinkt. Damit stellt sich die Frage, ob die kalte Progression mit der Vorstellung der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit in Einklang steht. Sie ist in jedem Fall eine unschöne Sache, weil der Staat sich hier sozusagen heimlich bedient.

Im Gewurstel untergegangen

Die Integration des Soli in die Einkommensteuer mit dem Ende der kalten Progression zu verbinden, wäre dagegen eine schöne Sache. Zumal seit Jahren darüber debattiert wird, doch ging die Reform bisher im Bund-Länder-Gewurstel oder im Berliner Koalitionshickhack unter. Ob der Bundesfinanzminister und damit auch die Kanzlerin die schöne Sache mitmachen, ist unklar. Auf dem CDU-Parteitag im Dezember wird es ein Thema sein, und den Antragstellern, die gegen die kalte Progression sind (Mittelständler und Sozialausschüsse), darf man viel Glück wünschen. Denn in einem Land, in dem Steuersenkungen zum Konsumanreiz und damit zur Wachstumsbeschleunigung als wirtschaftspolitisches Unding gelten, fette staatliche Investitionsprogramme zur Vermehrung verbauten Betons dagegen als volkswirtschaftliche Großtat, wird das Ende der kalten Progression nicht einfach zu erreichen sein.

Affentheater? Überbewertet?

Das haben übrigens gerade erst Peer Steinbrück und Wolfgang Schäuble bewiesen. Das Gerede von der kalten Progression störe ihn, sagte Steinbrück unlängst, das sei doch nur „Affentheater“. Bei der niedrigen Inflationsrate gebe es doch gar keine kalte Progression. Und Schäuble hält das Problem für „überbewertet“. Doch andersherum wird ein Schuh draus: Gerade weil die Inflation niedrig ist, und zwar noch ein Weilchen, gerade weil dann auch die Wirkung in den Etats optisch nicht so gravierend ist, gerade deswegen muss das Ende der kalten Progression bald kommen. Als Vorgriff auf das Ende des Soli mit der dann höheren Einkommensteuer. Die auf Dauer angelegte, ständige Anpassung des Tarifs an die Preissteigerung. Sonst heißt es in einigen Jahren nur: Bei der Höhe der Inflation können wir das jetzt nicht mehr machen.

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