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Politik: Sticheleien unter Freunden

Spionageprozesse gegen deutsche Stiftungen belasten die Beziehungen. Schily spricht dazu mit Regierungschef Gül

Beim Besuch von Bundesinnenminister Otto Schily bei seinem türkischen Amtskollegen Abdülkadir Aksu wurden in Ankara klare Worte gesprochen. Obwohl der Spionage-Prozess gegen die deutschen politischen Stiftungen in der Türkei seinem Ende zugeht, belastet das Thema die Beziehungen weiter: In einem Bericht aus Aksus eigenem Ministerium wurden erst vergangene Woche neue Vorwürfe gegen die Konrad-Adenauer-Stiftung erhoben. Deshalb habe Schily die Position der Bundesregierung in dieser Frage „sehr deutlich“ angesprochen, verlautete am Rande des Besuchs. Der Bundesinnenminister sei mit seiner Kritik bei der türkischen Seite auch auf Verständnis gestoßen. Ob dies aber zur Folge haben wird, dass Aksu den Untersuchungsbericht einstampfen lässt, wurde nicht bekannt.

Schily kam eigentlich zur Unterzeichung eines deutsch-türkischen Abkommens zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität nach Ankara. Auch über den Fall des in Deutschland inhaftierten Islamistenführers Metin Kaplan wurde gesprochen. Die Türkei möchte Kaplans Auslieferung und rennt damit bei Schily offene Türen ein; beide Seiten müssen jedoch zuerst das Urteil des Düsseldorfer Oberlandgerichts abwarten.

Getrübt wird die deutsch-türkische Harmonie aber durch die Vorwürfe gegen die deutschen Stiftungsvertreter in Ankara. Seit mehr als einem Jahr sehen sich die Vertretungen der parteinahen deutschen Stiftungen in der Türkei dem Verdacht ausgesetzt, sie wollten den türkischen Staat unterwandern. In dem seit Dezember laufenden Prozess vor dem Staatssicherheitsgericht Ankara soll an diesem Dienstag das Urteil gesprochen werden. Zwar deutet alles auf einen Freispruch hin, nachdem der Staatsanwalt wegen einer Sex-Affäre abgelöst wurde und der neue Anklagevertreter die Vorwürfe in seinem Plädoyer als nicht haltbar bezeichnete – doch ausgestanden ist die Angelegenheit nicht.

In einem Untersuchungsbericht werfen Inspekteure aus dem türkischen Innenministerium der CDU-nahen Adenauer-Stiftung vor, sie habe die konservative türkische Partei Anap illegal mit Geld und Wahlkampfhilfe unterstützt. Schon das Gerichtsverfahren gegen die Stiftungen war von Berlin als Belastung der deutsch-türkischen Beziehungen kritisiert worden, doch Ankara verwies dabei auf die Unabhängigkeit der Justiz. Deutschland solle der türkischen Justiz vertrauen, erklärte Ministerpräsident Gül. Dieses Argument greife nun aber nicht mehr, heißt es bei Diplomaten in Ankara, denn die neuesten Vorwürfe kommen geradewegs aus dem Regierungsapparat.

Ressortchef Aksu verteidigt sich mit dem Hinweis, der Untersuchungsbericht sei noch von der Vorgänger-Regierung in Auftrag gegeben worden und spiegele nicht die Meinung der amtierenden Regierung wider. Türkischen Presseberichten zufolge wurde die Untersuchung damals sogar von den mächtigen Militärs angestoßen – das könnte der Grund dafür sein, warum Aksu so merkwürdig zurückhaltend mit einem Thema umgeht, das ihm Scherereien mit einem wichtigen Partner in Europa einbringt.

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