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Tomislav Nikolics nationalistische Politik könnte neue Spannungen in der Region auslösen.

© dpa

Stichwahl: Oppositionsführer Nikolic wird Serbiens Präsident

Allen Umfragen zum Trotz hat sich bei der Stichwahl um das Präsidentenamt in Serbien Tomislav Nikolic durchgesetzt. Der vom Nationalisten zum Demokraten gewendete Oppositionsführer verspricht, am europäischen Weg des Landes festzuhalten.

Die Sensation ist perfekt: Obwohl die USA und die EU sowie alle wichtigen heimischen Medien den langjährigen serbischen Staatspräsidenten Boris Tadic massiv unterstützten, muss er sein Büro räumen. Der vom Nationalisten zum Demokraten gewendete Oppositionsführer Tomislav Nikolic wird stattdessen neuer Staatschef.

Nachdem er immer und immer wieder gegen Tadic verloren hatte, siegte er am Sonntag nach eigener Aussage im letzten Anlauf. Die Abwahl von Tadic sei auf die katastrophale Wirtschaftslage mit Rekorden bei Arbeitslosigkeit und Firmenpleiten zurückzuführen, analysierten prominente Kommentatoren den völlig überraschenden Wahlausgang. Dass die Bevölkerung mit der Politik unzufrieden war, zeigte auch der Minusrekord bei der Wahlbeteiligung: Nur 45 Prozent der Bürger gingen überhaupt zur Stichwahl. Nach ersten Ergebnissen gab es daneben 100 000 absichtlich ungültig gemachte Stimmzettel.

Tadic hatte mit Abstand die besseren Karten in dieser Wahlkampagne. Die Medien hofierten ihn ebenso wie Brüssel und Washington. Der 54-Jährige war in den vergangenen zwei Wochen praktisch allgegenwärtig. Mit Riesenanzeigen in allen Zeitungen, mit täglichen Interviews und Reportagen auf allen TV-Kanälen. Tadic hatte Auszeichnungen en masse von westlichen Organisationen erhalten, womit er als der wichtigste demokratische Politiker Serbiens stilisiert wurde.

Obwohl das Balkanland von der schwersten sozialen Krise seit den Bürgerkriegen in den 90er Jahren gebeutelt wird, hatten die Wahlstrategen von Tadic ein völlig überzogenes Bild von einem Wunderland Serbien gezeichnet. Ölschiefervorkommen sollten das Land zum Saudi-Arabien der Region machen. Prominente westliche Firmen standen nach dieser Darstellung Schlange, um in Serbien investieren zu dürfen. Zuletzt behauptete das Tadic-Lager, in Serbien werde der größte Solarpark der Welt gebaut.

Was das Land vom neuen Präsidenten zu erwarten hat, bleibt offen. Auf jeden Fall wird es zu einer Kohabitation mit der Regierung kommen. Denn obwohl die von Nikolic neu gegründete Fortschrittspartei (SNS) die Parlamentswahl vor zwei Wochen gewonnen hatte, werden die Demokraten (DS) von Tadic mit ihren bisherigen Koalitionspartnern wieder die Regierung bilden.

Unklar ist der politische Kurs von Nikolic. Noch in der Wahlnacht versprach er, „Serbien wird nicht vom europäischen Weg abweichen“. Bisher hatten ihm die USA und die EU diese Wandlung nicht richtig geglaubt. Allerdings war Brüssel dann mit den Glückwünschen für Nikolic durch eine Panne schneller als erlaubt: Bereits drei Stunden vor Schließung der Wahllokale schickte die EU-Spitze dem neuen Präsidenten ihre Glückwünsche. (dpa)

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