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Politik: Stichwahl wahrscheinlich

Die Bulgaren wählen heute einen neuen Präsidenten – Umfragen sehen Amtsinhaber Parvanov vorn

Eine als Konzertspektakel inszenierte Abschlusskundgebung des bulgarischen Präsidenten Georgi Parvanov auf dem Sofioter Alexander-Battenberg-Platz setzte am Freitagabend den Schlusspunkt für einen lauen Wahlkampf zur Präsidentschaftswahl am heutigen Sonntag. Doch wenn am Wahlabend um 22 Uhr die Stimmen gezählt sein werden, könnte er neu beginnen und eine politisch turbulente Woche bevorstehen.

Zwar kann an der zweiten Amtszeit des Sozialisten Parvanov kaum ein Zweifel bestehen, schließlich gilt er seit Jahren als einer der beliebtesten Politiker des Landes. Doch wird er sich wohl wegen einer zu geringen Wahlbeteiligung am 29. Oktober einer Stichwahl stellen müssen. In der wird Parvanov dann voraussichtlich auf den ebenso charismatischen wie populistischen Führer der nationalistischen Partei Ataka Volen Siderov treffen. Dem von der zersplitterten gemäßigten Rechten nach monatelangen Schaukämpfen zum gemeinsamen Kandidaten gekürten Präsidenten des Verfassungsgerichts Nedeltscho Beronov werden dagegen kaum Chancen eingeräumt. Als sein Manko gilt nicht nur sein mit 78 Jahren fortgeschrittenes Alter, sondern auch sein Mangel an politischer Erfahrung.

So fiel es dem begnadeten Demagogen Siderov leicht, sich als eigentlicher Herausforderer Parvanovs zu profilieren. Unermüdlich tingelte er in den vergangenen Wochen durch die Versammlungslokale des Landes und geißelte mit markigen Worten die „das Land regierende Mafia“, die ihm verhasste große Koalition aus Sozialisten, Zaristen und der Bewegung für Rechte und Freiheiten (DPS) der bulgarischen Türken. Seine Botschaft hat er in ein Zehn-Punkte-Wahlprogramm gegossen. Gelänge es ihm, dieses umsetzen, würde er nicht die repräsentative Funktion eines Staatsoberhaupts ausüben, sondern als regierender Präsident die Staatsgeschicke radikal neu ordnen.

Zunächst werde er dem „Genozid an der Nation“ ein Ende bereiten und die „unbulgarische Regierung“ durch eine „nationale Antwort“ ersetzen. Die DPS will Siderov vom Verfassungsgericht verbieten lassen, außerdem Schlüsselindustrien wie die Energiewirtschaft verstaatlichen. Außenpolitisch agitiert Siderov gegen die Nato-Mitgliedschaft, Auslandseinsätze der bulgarischen Armee und amerikanische Militärbasen im Land. Er spricht sich für eine Mitgliedschaft Bulgariens in der Europäischen Union aus, aber nur, um dort „bulgarische Interessen“ zu vertreten: Das Land werde sich keinesfalls von Europa „kolonialisieren“ lassen.

Im vergangenen Frühjahr hatte sich Siderov durch erwiesene Lügen bei einem Verkehrsunfall auf der Autobahn Thrakia diskreditiert. Aber auch sonst sorgen er und seine Parteifreunde eher durch Skandale für Negativschlagzeilen, als durch konstruktive Politik Anerkennung zu erlangen. Durch sein volksnahes Auftreten konnte Siderov in den vergangenen Wochen aber dennoch punkten und gilt deshalb nun als Kandidat für das Stechen.

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