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Politik: Stichwort: Colonia Dignidad

Hamburg (11.03.

Hamburg (11.03.2005, 15:26 Uhr) - Die berüchtigte deutsche Siedlung «Colonia Dignidad» (Kolonie der Würde) in Chile war unter ihrem Gründer Paul Schäfer ein befestigtes Lager mit sektenähnlichen Strukturen. Die seit 1991 in «Villa Baviera» (bayerisches Dorf) umbenannte landwirtschaftliche Anlage liegt etwa 350 Kilometer südlich der Hauptstadt Santiago.

Der heute 83-jährige Schäfer war 1961 mit Anhängern seiner Sekte «Private Sociale Mission» aus Siegburg bei Bonn nach Südamerika ausgewandert. Bis zu seiner Flucht im Jahr 1996 führte der deutsche Baptistenprediger die Kolonie wie ein Wehrdorf. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Kindesmissbrauch, Steuerhinterziehung und Freiheitsberaubung vor.

Die ehemals rund 300 Mitglieder lebten auf dem rund 15 000 Hektar großen Areal völlig abgeschirmt von der Öffentlichkeit. Schäfers soll Untergebene zur Zwangsarbeit getrieben sowie Kinder und Jugendliche unter Drogen gesetzt haben. Bäckerei, Kraftwerk, Krankenhaus, Schule, Land- und Fischereiwirtschaft sowie Gold- und Titanminen ermöglichten die Unabhängigkeit der Kolonie nach außen. Einigen Mitgliedern der Gemeinschaft ist im Lauf der Jahre die Flucht gelungen.

Während der Militärdiktatur von Augusto Pinochet in Chile (1973 bis 1990) war die damals hermetisch abgeschirmte Anlage nach Erkenntnissen der Ankläger eines der berüchtigten Folterzentren der chilenischen Geheimpolizei. Nach dem Ende der Diktatur wurde der Kolonie 1991 der Status der Gemeinnützigkeit und des Vereins entzogen.

Inzwischen wirbt «Villa Baviera» um Touristen und unterhält in Santiago sowie anderen Städten Chiles Verkaufsläden für landwirtschaftliche Produkte. Viele der Bewohner sind mittlerweile hochbetagte Auslandsdeutsche ohne soziale Anbindung an Chilenen. (tso) ()

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