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Politik: Störfall wird zum Wahlkampfthema

Schwedens Opposition fordert von Ministerpräsident Persson klare Aussagen zur Atomkraft

Die bürgerliche Opposition in Schweden hat sechs Wochen vor den Parlamentswahlen den sozialdemokratischen Premierminister Göran Persson dazu aufgefordert, wegen des Störfalls im Atomreaktor Forsmark eindeutig zur Zukunft von Atomenergie Stellung zu nehmen. Der bürgerliche Spitzenkandidat Frederik Reinfeldt reagierte damit auf die Forderung nach einem beschleunigten Atomausstieg von Grünen und Linkspartei, welche die sozialdemokratische Minderheitsregierung stützen und nach der Wahl eine Linkskoalition mit ihr gründen möchten. Das bürgerliche Bündnis will trotz des Zwischenfalls in Forsmark den 1999 beschlossen völligen Ausstieg Schwedens aus der Atomenergiegewinnung bis 2025 zu Fall bringen sowie die Atomenergieproduktion erhöhen. Sie hofft dabei vor allem auf Wähler, die höhere Strompreise fürchten.

Energieministerin Mona Sahlin deutete an, dass die Regierung am Atomausstieg wie geplant festhalten wolle, aber keine überhasteten Schließungen von Kernkraftwerken plane. Sie wies darauf hin, dass der mittelfristige Ausstieg durch alternative Energiequellen kompensiert werden soll. Auch Grüne und Linkspartei wollen keinen schnellen Ausstieg. „In besonnenem Tempo wollen wir die Kernkraft weiter abwickeln. Es wäre nicht zu viel verlangt, in der kommenden Mandatsperiode einen weiteren Reaktor abzustellen“, sagte Linksparteichef Lars Ohly.

Laut der Kernkraftbehörde SKI müssen wegen des Zwischenfalls im Akw Forsmark keine weiteren Reaktoren in Schweden abgeschaltet werden. Am Forsmark- Reaktor 1 funktionierten am 25. Juli nach einem Stromausfall nur zwei von vier Notaggregaten. Wann die vier stillgelegten Reaktoren wieder ans Netz gehen, hielt die Kommission offen. Der Behauptung des früheren Forsmark-Chefkonstrukteurs Lars-Olov Höglund, wonach man bei dem Störfall nur etwa 20 Minuten von einem „Super-Gau" entfernt gewesen sei, wies die unabhängige Behörde zurück. „Wir waren weit von einem Unglück entfernt“, sagte SKI-Sprecher Anders Jörle. Johani Hyvärinen von der finnischen Strahlenschutzbehörde sagte dagegen, wenn keines der vier Notstromaggregate funktioniert hätte, wäre es zu einer „Kernschmelze innerhalb von 1,52 Stunden“ gekommen. Die Wahrscheinlichkeit dafür sei jedoch äußerst gering gewesen.

Auch das Bundesumweltministerium in Berlin will derzeit nicht von einem „Beinahe-Gau“ sprechen. „Wir möchten die Fakten auswerten und nicht voreilige Schlüsse ziehen", sagte ein Sprecher. „Dass die Atomenergie eine Risikotechnologie ist, ist klar.“ Das Ministerium rechnet bis Anfang der Woche mit Informationen, ob der schwedische Fall Folgen für deutsche Akw haben kann. AEG-Generatoren wie in Forsmark sind auch in deutsche Atomkraftwerke eingebaut. Forsmark gehört mehrheitlich zur schwedischen Vattenfall, die auch in Deutschland Atomkraftwerke betreibt.

Die Schweden hatten bei einer Volksabstimmung nach dem Reaktorunglück im US-Atomkraftwerk Harrisburg 1980 den Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen. Bis auf die Stilllegung des Kraftwerkes Barsebäck laufen aber alle Reaktoren weiter, ohne dass die Regierung sich auf einen Zeitpunkt für weitere Schließungen festgelegt hat.

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