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Politik: „Stoiber soll vor seiner eigenen Türe kehren“

Wolfgang Kubicki, FDP-Fraktionschef in Kiel, über Schuldzuweisungen aus Bayern und die Chancen seiner Partei für 2006

Peter Harry Carstensen will sich am 17. März im Landtag zur Wahl als Ministerpräsident stellen. Wählen Sie ihn?

Ja, weil es die einzige Chance ist, die SPD doch noch zum Einlenken zu bewegen und ihr klar zu machen, dass eine Minderheitsregierung unter Duldung des SSW dem Land nicht gut tut. Der SSW gibt damit seine Minderheitenposition auf und verliert seine Rechte als Minderheit. Im Übrigen: Würde sich der SSW nach skandinavischem Vorbild verhalten, müsste er den Wahlsieger Carstensen wählen, denn das ist in Skandinavien traditionell so. Diese Wahl würde es Carstensen ermöglichen, Druck auf die SPD zu machen und so doch noch eine große Koalition zu bilden. Denn Minderheitsregierungen bringen nichts.

Dabei wirft man Ihnen aus der Union vor, durch Wackeln im Wahlkampf den möglichen Sieg verschenkt zu haben.

Wir haben keine Sekunde gewackelt. Aber die FDP hat nun einmal mit SPD und Grünen in der Innen- und Rechtspolitik Gemeinsamkeiten. Die kann und will ich nicht verstecken. Der Grund für das Wahlergebnis liegt darin, dass es nach den Umfragen bis in die letzten Tage vor der Wahl keine Wechselstimmung und damit keine Machtoption für Schwarz-Gelb gab. Damit sind wir auf unsere Kernwählerschaft beschränkt geblieben.

Edmund Stoiber meint, Sie hätten nicht für eine Koalition mit der CDU gekämpft.

Dazu nur so viel: Bevor Herr Stoiber im Vorjahr seine Angriffe auf Angela Merkel und Guido Westerwelle inszenierte, lagen CDU und FDP in Schleswig-Holstein zusammen bei 54 Prozent. Stoibers Attacken führten zum Absacken der CDU und dazu, dass die Wechselstimmung verloren gegangen ist. Stoiber, der 2002 bei der Bundestagswahl im Norden nichts gewinnen konnte, soll doch vor der eigenen Tür kehren.

Um 2006 den Wechsel in Berlin zu erreichen, muss die FDP ja wohl ein besseres Ergebnis liefern als jetzt im Norden.

Wenn es eine Wechselstimmung gibt, werden wir auch zulegen. Die Machtoption muss erkennbar sein. Das ist wie an der Börse: Eine Aktie wird nur gekauft, wenn eine Gewinnaussicht da ist. Für uns heißt das, dass die FDP sich personell wie inhaltlich breiter aufstellen muss.

Das heißt?

Wir müssen auf den Feldern Innen und Recht unser altes Profil, das wir vor zwanzig Jahren hatten, zurückgewinnen.Und wir müssen auch im Sozialen mehr Kompetenz aufweisen als derzeit.

Auf sozial machen alle Parteien, warum soll da jetzt auch noch die FDP mittun.

Weil Wähler das erwarten. Sie wollen nicht, dass eine Partei nur Segmente abdeckt, sie wollen ein ganzheitliches Angebot. Das bedeutet auch: Wir brauchen mehr Gesichter. Wenn sich alles nur auf einen konzentriert, dann reicht das nicht, dann wirkt der schnell als Alleswisser und Besserkönner.

Wer steht denn für das Soziale in der FDP?

Eine gute Frage. Ich fürchte, wir müssen hier noch Leute aufbauen mit Blick auf 2006. Wir müssen einfach auf mehr Feldern wahrnehmbar werden. Wir dürfen nicht alle Probleme nur ökonomisch erklären. Wirtschaft ist wichtig und zentral, aber das reicht nicht, um Wähler zu gewinnen. Nicht zuletzt im Osten Deutschlands, wo ökonomische Argumente nach 15 Jahren Einheit nicht mehr genügen.

Braucht die FDP also eine Führungsdebatte?

Guido Westerwelle ist ein guter Vorsitzender und wird es auch bleiben. Aber wir müssen uns überlegen, welche Personen neben ihm ein Bild der FDP vermitteln können, das nicht die ökonomische Kälte ausstrahlt, die uns so oft vorgeworfen wird. Die FDP muss auch Herzenswärme ausstrahlen. Der FDP fehlt derzeit ein breiteres Spektrum an Personen, die auch wahrgenommen werden und dieses breitere Bild der Partei glaubhaft vermitteln können. Aber reine Personalisierung, das hat die Wahl in Schleswig-Holstein gezeigt, reicht auch nicht.

Das Gespräch führte Albert Funk.

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