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Politik: Stolpe fährt die Maut-Firmen an

Minister fühlt sich gezielt falsch informiert / Telekom sagt Start im Frühjahr zu – wenn nicht, droht die Kündigung

Berlin. Der Streit um die fehlgeschlagene Einführung der Lkw-Maut hat sich nochmals verschärft. Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) sprach am Mittwoch von „gezielten Fehlinformationen“, die zu der unerfreulichen Situation beigetragen hätten. Toll Collect wies den „ungeheuren Vorwurf“ umgehend als „völlig absurd“ zurück. Auch beim Streit um die Offenlegung des Mautvertrages verhärten sich die Fronten. Der Verkehrsausschuss des Bundestages lehnte die Bedingungen des Konsortiums als unzureichend ab. Der Start verschiebt sich inzwischen immer weiter. Die Telekom spricht jetzt vom Frühjahr 2004.

Von Dieter Fockenbrock

und Bernd Hops

Stolpe sagte vor dem Ausschuss, durch die Informationspolitik von Toll Collect sei „das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört“ gewesen. Auch Mitglieder des Verkehrsausschusses unterstützten die Kritik des Ministers. „Bei einer Präsentation im Juni sind uns Potemkinsche Dörfer vorgeführt worden“, sagte Reinhard Weis, verkehrspolitischer Sprecher der SPD im Bundestag, dem Tagesspiegel. Der FDP-Verkehrsexperte Horst Friedrich sagte: „Den Entwicklungsstand, den man uns damals vorführte, gibt es bis heute nicht.“ Ein Sprecher des Konsortiums erklärte dagegen, dass „alle Informationen über relevante Entwicklungen zum Stand des Projekts dem Auftraggeber unmittelbar zur Verfügung gestellt“ worden seien.

Der für die Maut zuständige Telekom-Manager Josef Brauner sagte der „Wirtschaftswoche“ in einem vorab veröffentlichten Interview: „Im Frühjahr wird Toll Collect laufen. Davon bin ich fest überzeugt.“ Wenn dies nicht gelingt, könnte es für die Betreiber Daimler-Chrysler und Deutsche Telekom eng werden. Nach Tagesspiegel-Informationen aus Regierungskreisen kann Stolpe den Vertrag nicht nur am 15. Dezember 2003, sondern auch zum 31. Mai 2004 kündigen. Stolpe selbst hatte von „mehreren Terminen“ gesprochen. Ende Mai muss das System nachweisbar funktionieren, sonst greift den Informationen zufolge die Ausstiegsklausel. Im Dezember geht es nur darum, die Betriebsfähigkeit des Systems nachzuweisen.

Vertraglich vereinbart war der 31. August als Starttermin. Jeden Monat entgehen dem Bund seitdem 156 Millionen Euro Einnahmen. Deshalb will Stolpe auch mit den Mautbetreibern um Schadenersatz verhandeln. Eine Kündigung des Vertrages werde zurzeit von niemandem gefordert, sagte der SPD-Politiker Weis. Darin seien sich die Verkehrspolitiker einig. Zunächst müssten die entsprechenden Passagen in den Mautverträgen eingesehen werden, um die Folgen abschätzen zu können. Zurzeit wisse niemand, „wie weit die ideellen und materiellen Rechte des Bundes an dem Mautsystem im Falle einer Kündigung gehen würden“. FDP-Verkehrsexperte Friedrich lehnte eine Kündigung ab. Er sei dagegen, das Konsortium „so einfach aus der Pflicht zu entlassen“.

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