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Politik: Stolpe fühlt sich bei der Maut betrogen

Verkehrsminister prüft Klage gegen Toll Collect / Bewegung im Streit um einen neuen Starttermin

Von Antje Sirleschtov

Berlin. Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) fühlt sich bei der Mauteinführung von dem Konsortium Toll Collect offenbar betrogen. Wie der Tagesspiegel aus Regierungskreisen erfuhr, erwägt Stolpe, gegen das Gemeinschaftsunternehmen von Daimler-Chrysler und Telekom eine Strafanzeige wegen Betrugs zu stellen. Hintergrund ist eine Vereinbarung vom Juli, in der Toll Collect die Mauteinführung für diesen Herbst zugesagt hatte, obwohl das System technisch nicht funktionsfähig war. Trotz dieser Drohung zeichnet sich in den laufenden Verhandlungen ein Kompromiss zwischen Stolpe und dem Konsortium ab.

Ein Sprecher des Verkehrsministeriums sagte am Montag in Berlin, Toll Collect habe bis jetzt noch kein akzeptables Angebot vorgelegt. Der Verkehrsminister werde jedoch unter Umständen am Dienstag noch einmal Gespräche auf Spitzenebene führen. Sollte Toll Collect in den verbleibenden Arbeitstagen bis Jahresende keinen neuen Starttermin für die Lkw-Maut vorlegen, werde der Minister der „parteiübergreifenden“ Forderung des Bundestages nachkommen und den Vertrag kündigen. Die gleichzeitige Forderung des Minister nach Schadenersatzzahlung in Millionenhöhe ist vom Streit um einen neuen Starttermin unterdessen abgekoppelt worden. „Das wird die Gespräche mit Stolpe wesentlich erleichtern“, erfuhr der Tagesspiegel aus Kreisen des Konsortiums. Daimler-Chrysler und Telekom verweigern beharrlich Schadenersatz mit dem Hinweis darauf, dass ein börsennotierter Konzern keine Zahlungen zu Lasten seiner Aktionäre vereinbaren dürfe. Seit Dezember zahlt Toll Collect 7,5 Millionen Euro Vertragsstrafe, ab März 15 Millionen Euro monatlich.

Das Konsortium bietet an, höhere Strafzahlungen zu akzeptieren. Dies aber nur für den Fall, dass das System nicht am Ende des dritten Quartals 2004 läuft, sagte ein Sprecher von Toll Collect dem Tagesspiegel. Offenbar ist das Konsortium bereit, den 30. September 2004 als neuen konkreten Starttermin zu nennen. Bis zum Herbst kann Toll Collect aber nur eine Light-Version der Mauterfassung anbieten, heißt es im Verkehrsministerium. Das Konsortium sei allenfalls in der Lage, vorhandene Autobahnstrecken mit der Software zu erfassen.

Sollte das Verkehrsministerium nicht mit einer solchen Variante einverstanden sein, habe Toll Collect den Maut-Start erst für den Herbst 2005 in Aussicht gestellt. Bis jetzt seien die Lkw-Mauterfassungsgeräte nicht funktionsfähig. Über eine Kündigung des Vertrages will der Minister wohl erst am letzten Tag des Jahres entscheiden. Stolpe solle nicht nur mit der Kündigung drohen, „er soll entscheiden“, sagte der Toll-Collect-Sprecher. Ausdrücklich verwies Stolpes Sprecher darauf, dass eine neue Ausschreibung der Maut zu einer deutlichen Verschiebung führen werde. Allein das Vergabeverfahren werde „15 bis 20 Monate“ in Anspruch nehmen. Als Zwischenlösung wird die Wiedereinführung von Vignetten geprüft, die aber weniger Einnahmen bringen als die Maut.

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