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Politik: Stolpes Bedingungen

Zweieinhalb Stunden Debatte, 175 Änderungsanträge zum Entwurf der Bundesregierung - der Bundesrat hat am Donnerstag viel Zeit aufgebracht für das rot-grüne Zuwanderungsgesetz. Noch bevor allerdings Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber in gesetzten Worten die grundsätzlichen Bedenken der Union vortrug, den Entwurf als "Etikettenschwindel" brandmarkte und die "kulturelle Homogenität" der Gesellschaft beschwor, und noch bevor der saarländische Ministerpräsident Peter Müller sachlich die grundsätzlichen Forderungen der Union umriss, deren Erfüllung eine Zustimmung seiner Partei möglich machen könnte - bevor also die Unions-Spitzen im Bundesrat in feiner Doppelstrategie beide Möglichkeiten anboten, setzte Brandenburgs Regierungschef Manfred Stolpe eine Wegmarke.

Zweieinhalb Stunden Debatte, 175 Änderungsanträge zum Entwurf der Bundesregierung - der Bundesrat hat am Donnerstag viel Zeit aufgebracht für das rot-grüne Zuwanderungsgesetz. Noch bevor allerdings Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber in gesetzten Worten die grundsätzlichen Bedenken der Union vortrug, den Entwurf als "Etikettenschwindel" brandmarkte und die "kulturelle Homogenität" der Gesellschaft beschwor, und noch bevor der saarländische Ministerpräsident Peter Müller sachlich die grundsätzlichen Forderungen der Union umriss, deren Erfüllung eine Zustimmung seiner Partei möglich machen könnte - bevor also die Unions-Spitzen im Bundesrat in feiner Doppelstrategie beide Möglichkeiten anboten, setzte Brandenburgs Regierungschef Manfred Stolpe eine Wegmarke. Stolpe, der sich überraschend zu Wort meldete, machte in preußisch knappen Worten erstmals deutlich, unter welchen Bedingungen er dem Gesetz zustimmen will. Und da es angesichts des Patts zwischen Union und SPD im Bundesrat auf die große Koalition im kleinen Brandenburg ankommt, waren das keine nebensächlichen Sätze.

Ein klares Ziel müsse das Gesetz haben, sagte Stolpe, dies solle in einem eigenen Paragraphen formuliert werden. Das fordert auch Müller, und Schily hat es schon zugestanden. Alle seien sich einig, so der Bundesminister und der Saar-Ministerpräsident, dass es um Begrenzung von Zuwanderung gehen müsse. Müller hatte einen entsprechenden Antrag formuliert, in dem neben einem solchen Ziel die Integrationsfähigkeit Deutschlands und die Rücksicht auf den Arbeitsmarkt als Maßstäbe für das Wieviel an Zuwanderung genannt werden.

Zweitens verlangt Stolpe, dass das Auswahlverfahren bei der Arbeitsmigration sich mehr am Bedarf orientiere, als das im rot-grünen Entwurf bislang der Fall sei. Entsprechend äußerte sich Müller, der forderte, Zuwanderung auf den Arbeitsmarkt dürfe nur dort stattfinden, wo Arbeitsplätze nicht mit Deutschen oder EU-Bürgern besetzt werden könnten. Ohne konkrete Arbeitsplatzzusage sollen Ausländer nicht einwandern dürfen, auch wenn sie an dem in dem Gesetz vorgesehenen Auswahlverfahren nach einem Punktesystem teilgenommen hätten.

Als weitere Bedingung nannte Stolpe, nichtstaatliche Verfolgung solle als Aufenthaltsgrund aus humanitären Gründen gestrichen werden; die von der Union ebenfalls missbilligte geschlechtsspezifische Verfolgung nannte er nicht. Müller plädierte dafür, bei der Aufenthaltsgewährung aus humanitären Gründen all jene Passagen zu streichen, die über die Genfer Konvention hinausgingen. Ansonsten entstehe der Eindruck, die Asylgründe sollten ausgeweitet werden. Ausländer, die nicht in ihre Länder zurückgeführt werden könnten, dürften kein Daueraufenthaltsrecht bekommen.

Und viertens schließlich forderte Stolpe, das Nachzugsalter für Immigrantenkinder von derzeit 14 Jahren im Entwurf auf "höchstens 12 Jahre" zu senken. Die Union betreibt hier mittlerweile einen innerparteilichen Unterbietungswettbewerb: Während Müller sagte, "die Grenze kann bei 10 Jahren liegen", meinte Stoiber, sie müsse darunter verlaufen, und Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel verlangte eine Grenze bei sechs, ja besser noch bei drei Jahren. Schönbohm meinte, hinterher danach gefragt, wenn das Nachzugsalter das einzige Thema sei, könne man zu einer Lösung finden. Er jedenfalls stehe den Ansichten Müllers nahe. Dieser wiederum hatte zuvor mit Blick auf nachziehende Kinder gesagt, eigentlich entscheidend sei die "Integrationsprognose", also etwa die Sprachfähigkeit. Wenn diese günstig sei, so Müller, könnten Kinder auch zu ihren Eltern kommen, wenn sie älter als 10 Jahre seien.

Für ihre Kernforderungen bekam die Union freilich keine Mehrheit im Bundesrat, nicht einmal das eigene Lager stand geschlossen, weil die FDP als Koalitionspartner in Baden-Württemberg, Hamburg und Hessen auf Enthaltung bei vielen Anträgen bestanden hatte. Allerdings muss sich der Bundestag mit einer Reihe von Bundesratsforderungen befassen: So wollen die Länder die Integrationskosten für sie günstiger verteilen und die Sozialleistungen für abschiebungspflichtige Ausländer kürzen.

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