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Politik: Strafbefehl wegen Kommentar zu Kopftuchmord

Berlin/Erlangen - Vor dem Amtsgericht Erlangen muss sich am heutigen Mittwoch eine Wissenschaftlerin wegen eines Kommentars zum Dresdner Kopftuchmord verantworten. In einem Dresdner Gerichtssaal war am 1.

Berlin/Erlangen - Vor dem Amtsgericht Erlangen muss sich am heutigen Mittwoch eine Wissenschaftlerin wegen eines Kommentars zum Dresdner Kopftuchmord verantworten. In einem Dresdner Gerichtssaal war am 1. Juli 2009 die ägyptische Apothekerin Marwa al Sherbini von einem Mann erstochen worden, den sie wegen Beleidigung angezeigt hatte. Auch ihr ägyptischer Ehemann wurde beim Versuch, sie zu retten, vom Mörder lebensgefährlich verletzt, schließlich aber auch vom Schuss eines Polizisten, der ihn für den Täter hielt.

Weil die Leiterin des Erlanger „Instituts für Medienverantwortung“ Sabine Schiffer in einem Interview des iranischen Rundfunks die Vermutung geäußert hatte, dass dieser Schuss einen rassistischen Hintergrund habe, verklagte der Polizist sie. Ein Verfahren, das der Witwer gegen ihn wegen des Schusses angestrengt hatte, wurde Ende vergangenen Jahres eingestellt. Schiffer erhielt wegen übler Nachrede einen Strafbefehl über 6000 Euro. Weil sie den ihr persönlich nicht bekannten Polizisten verächtlich gemacht haben soll, steht sie jetzt aber nicht nur vor Gericht: Ein Ermittlungsverfahren, das sie ihrerseits im Sommer in Gang gebracht hatte, stellte die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth ein. Schiffer hatte wegen etwa 30 Hass- und Drohmails Anzeige erstattet, die sie nach dem Interview zu den Vorgängen in Dresden bekam. Das Oberlandesgericht Nürnberg teilte dem Tagesspiegel auf Anfrage mit, Schiffer habe auf Bitten um nähere Erläuterungen nicht reagiert – und sowieso gar keinen Strafantrag gestellt.

Das bestreitet Schiffer: „Ich war in ständigem Kontakt mit der Staatsanwaltschaft. Dass ich keinen Strafantrag gestellt haben soll, erfuhr ich erst aus der Mitteilung, das Verfahren sei eingestellt. Mein Anwalt war ebenso erstaunt wie ich.“ Vom Prozess erhofft sie sich aber auch Aufschluss über den Zusammenhang zwischen ihrer Anzeige und der des Polizisten von Dresden. Aus Schiffers Sicht drängt sich bei Lektüre der Akte der Eindruck auf, dass der Kommissar, dem sie die Drohmails mit der Bitte um Ermittlung übergab, sich intensiv darum bemühte, den schießenden Kollegen zur Klage gegen sie zu bewegen. ade/fat

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