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Politik: Strafverfahren gegen Gussinskij: Die Ermittlungen wurden eingestellt - Russlands Präsident Putin will Verhältnis zu den Oligarchen klären

Das Strafverfahren gegen den kremlkritischen russischen Medienmogul Wladimir Gussinskij ist aus Mangel an Beweisen eingestellt worden. Wie ein Sprecher von Gussinskis Unternehmen Media-Most am Donnerstag erklärte, wurde auch das Reiseverbot aufgehoben.

Das Strafverfahren gegen den kremlkritischen russischen Medienmogul Wladimir Gussinskij ist aus Mangel an Beweisen eingestellt worden. Wie ein Sprecher von Gussinskis Unternehmen Media-Most am Donnerstag erklärte, wurde auch das Reiseverbot aufgehoben. Zudem habe die Staatsanwaltschaft das zeitweise eingefrorene Vermögen Gussinskijs wieder freigegeben. Gussinskij wurde im Juni vorübergehend festgenommen, weil er sich illegal Staatseigentum im Wert von umgerechnet rund 20 Millionen Mark angeeignet haben soll. Seine Verhaftung hatte internationale Proteste ausgelöst und der russischen Regierung den Vorwurf eingebracht, die Pressefreiheit zu verletzen.

Die Einstellung des Verfahrens gegen Gussinskij wurde im Vorfeld eines Treffens der so genannten Oligarchen mit Präsident Putin bekannt. Putin hat die Spitzenmanager aus Wirtschaft und Finanzen für den heutigen Freitag zum Runden Tisch in den Kreml geladen.

Angeblich wollten Putins Beamte mit Russlands beliebtestem Massensport aufräumen: Steuerhinterziehung. Nach Meinung hiesiger Beobachter nur ein Vorwand. Untersuchungen laufen inzwischen auch zu anderen Verdachtsmomenten. Vornehmlich gegen Unternehmer, die sich aus Sicht des Kremls auf der politisch falschen Seite engagiert haben. Bislang prominentestes Opfer ist Gussinskijs Konzern Media-Most. Multimillardär Roman Abramowitsch indessen, der dem Jelzin-Clan als Anlageberater und Geldwäscher diente und bei Putins Ernennung zum amtierenden Präsidenten eine tragende Rolle spielte, braucht trotz Durchstechereien beim Kauf von Aluminiumbetrieben weder Prüfer noch Kadi fürchten.

Radikalreformer Boris Nemzow, Ko-Vorsitzender der Partei "Union rechter Kräfte" und Initiator der Krisensitzung, forderte daher Kreml und Business auf, in einer Charta "Spielregeln" für den Umgang miteinander zu vereinbaren: Der Kreml müsste sich verpflichten, gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle zu schaffen und die Ermittlungen einstellen. Im Gegenzug sollen die Oligarchen Steuerdisziplin und Gesetzestreue schwören. Ein Ende des Kalten Krieges zwischen Kreml und Kapital erwarten Beobachter aber nicht, weil maßgebliche Akteure fehlen. Media-Most-Chef Wladimir Gussinskij und Multimilliardär Boris Beresowskij wurden gar nicht erst eingeladen. Angeblich, weil sie "politisch befangen" sind. Auch Abramowitsch steht nicht auf der Gästeliste. Der, mokierte sich die kritische Tageszeitung "Sewodnja", habe mit Putin sein persönliches Gentlemen Agreement getroffen. Radikalreformer Anatolij Tschubais, der Chef des Stromgiganten RAO JEES, gegen den momentan der Rechnungshof ermittelt, bleibt dem Gipfel ebenfalls fern. Außerdem hat Putin nach Meinung vieler die Spielregeln bereits festgelegt. Er werde sich auf keinerlei Forderungen einlassen, sondern eigene stellen und "etwaige Widerstände gegen eine mögliche Revision von Ergebnissen der Privatisierung mit der Brutalität der Macht ersticken", fürchtet Jurij Korgunjuk aus dem Politforschungszentrum INDEM. Der Beifall der Masse dürfte Putin sicher sein. Umfragen bewiesen, dass seine Treibjagd auf die Oligarchen, in denen viele Russen die Schuldigen für ihre gegenwärtige Misere sieht, noch besser ankam als der Tschetschenienkrieg.

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