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Politik: Strategie Einschüchterung

Die Guerilla im Irak ändert die Taktik: Angriffe auf US-Alliierte sollen offenbar Ausweitung der Koalition verhindern

Dass die Angreifer im Irak ihren Kampf ausgeweitet haben, deutete sich vor zwei Wochen mit dem Anschlag auf die italienischen Carabinieri im südirakischen Nassirijah an. Doch seit diesem Wochenende kann man von einer neuen Strategie sprechen: Zwei tote japanische Diplomaten bei Tikrit, zwei tote südkoreanische Elektrizitätsarbeiter und sieben Tote spanische Geheimdienstmitarbeiter – die Guerilla hat die Koalitionspartner der USA im Visier. Die Angriffe treffen Staaten, in denen das Engagement im Irak äußerst umstritten ist. Eine deutliche Bevölkerungsmehrheit in Japan und Spanien ist gegen die Entsendung von Soldaten.

Tokio hatte die Entsendung von 500 Soldaten für Aufbauarbeiten angekündigt, Spanien ist mit 1300 Soldaten vertreten. Südkorea hat 675 Ärzte und Ingenieure geschickt, die Entscheidung über die Entsendung von 3000 Soldaten steht noch aus. Ziel der Angreifer ist es offenbar, den Druck so zu erhöhen, dass die Koalitionspartner der USA sich aus dem Irak zurückziehen. Damit ständen die USA isoliert da, die Ausweitung der Koalition wird immer unwahrscheinlicher.

Auch die Gefechte zwischen US-Truppen und Irakern werden immer heftiger. Die Zahl der am Sonntag bei Kämpfen in Samarra getöteten Iraker geben die USA inzwischen mit 54 an. Dutzende Männer hätten einen von Soldaten eskortierten Geldtransporter angegriffen, so ein Armeesprecher. Die Kämpfer trugen demnach die Uniformen der Fedajin-Milizen von Saddam Hussein. Laut dem Leiter des Krankenhauses von Samarra wurden mindestens acht Zivilisten getötet, eine Frau und ein Kind sollen unter den Toten sein. Angestellte einer Pharmafirma sagten, zwei Kollegen seien am Eingang des Betriebs von einer Granate getötet worden.

Während die UN und das Internationale Rote Kreuz ihre Präsenz im Irak nach den Anschlägen auf ihre Einrichtungen tatsächlich verringert haben, arbeiten viele westliche Botschaften unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen weiter. Die meisten Botschaften sind mittlerweile mit vier Meter hohen Betonwänden gegen Autobomben geschützt. Ansonsten gibt es zwei Ansätze, der Gefahr zu begegnen. Die Franzosen haben sich für „low profile“ entschieden. Sie fahren nicht im Konvoi, ihre Sicherheitskräfte tragen Zivilkleidung und sind meist nur mit Handfeuerwaffen unterwegs. Die Diplomaten wohnen in ihren Privathäusern. Im Sommer hieß es, die französischen Diplomaten zögen den gepanzerten Fahrzeugen normale Wagen vor, weil diese über eine Klimaanlage verfügen.

Die drei deutschen Diplomaten und das Personal der Botschaft dagegen leben zusammen in zwei Häusern. Sie werden von zehn Soldaten des Bundesgrenzschutzes bewacht. Bei Fahrten durch Bagdad begleiten sie die Diplomaten mit Schutzweste sowie Gewehren in gepanzerten Fahrzeugen. Das Gebäude der Botschaft liegt an einer Kreuzung zweier Hauptstraßen, so dass es schwer zu schützen ist. Daher wird es nicht benutzt. Auch pendeln die Diplomaten ständig zwischen Bagdad und Amman, selten sind alle drei gemeinsam in Bagdad.

Der Vorsitzende des irakischen Regierungsrates, Schiiten-Führer Abdelasis al Hakim, verlangt indes eine Volksbefragung über den jüngsten Plan für die Rückgabe der Souveränität an den Irak. Dieser sieht für die Übergabe der Macht an eine souveräne Übergangsregierung den 1. Juli 2004 vor. Die Übergangsregierung soll aber nicht gewählt, sondern von 18 Provinzversammlungen ernannt werden. (mit dpa)

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