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Obamas Arbeitsminister Tom Perez ist der moderate Part der Parteiführung

© REUTERS/Joshua Roberts

Strategietreffen der US-Demokraten: Basis verlangt Fundamentalopposition gegen Trump

Nach der traumatischen Wahlniederlage gegen Trump beraten die Demokraten, wer sie in die Zukunft führen soll - und mit welcher Strategie. Eine Analyse.

Alle reden über Donald Trump. Und was macht die Gegenseite? An diesem Wochenende treffen sich die US-Demokraten in Atlanta, um über die richtige Strategie gegen Trump zu beraten. Und um eine neue Führung zu wählen.

Tritt erstmals ein Muslim an die Spitze?

Der moderate Kandidat für die Führung des Democratic National Committee (DNC) ist Tom Perez, Arbeitsminister unter Barack Obama. Zwei Politiker, die einen radikaleren Kurs verlangen, fordern ihn heraus: Keith Ellison, ein Abgeordneter aus Minnesota und der erste Muslim im Kongress. Sowie Pete Buttigieg, der Bürgermeister von South Bend, Indiana.

Doch haben die Demokraten überhaupt eine Wahl - im Sinne einer freien Entscheidung, welche Richtung sie einschlagen? Trumps Sieg war ein Schock. Die Demokraten haben keine hoffnungsvolle Ausgangsposition, von der aus sie die Rückkehr an die Macht vorbereiten können. Die Republikaner kontrollieren jetzt das Weiße Haus, haben die Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses und stellen die Gouverneure in 33 von 50 Bundesstaaten.

Die Basis fordert eine Tea Party von links

So verlangt die Basis einen radikalen Widerstandskurs gegen Trump, im Geist einer Tea Party von links. Die Konservativen hatten auf die Wahl Obamas mit ihrer "Tea Party" reagiert. Obwohl die eigentlich nur eine Minderheit in der Republikanischen Partei vertrat, gewann sie überproportionalen Einfluss auf die Strategie und trieb die Republikaner in Fundamentalopposition gegen Obama.

Ähnliches verlangt nun die demokratische Basis. Die Abgeordneten und Senatoren sollten pragmatische Erwägungen hintanstellen und Trump, wo immer sie können, behindern und blockieren. Sie sollen, zum Beispiel, durch Auszug aus Ausschusssitzungen die Ernennung seiner Kandidaten für Regierungspositionen verzögern. Und bei Gesetzesprojekten den "Filibuster" nutzen: die Möglichkeit, durch stundenlanges Reden im Parlament zu verhindern, dass man zur Abstimmung schreiten könne.

Fundamentalopposition oder Pragmatismus

Die Moderaten wenden ein, es wäre besser, pragmatisch vorzugehen und, zum Beispiel, bei der Überarbeitung der Obama'schen Gesundheitsreform durch Kooperation eine möglichst moderate Reform der Reform zu erreichen. Fundamentalopposition werde nur dazu führen, dass die Republikaner aus Ärger immer da, wo sie können, den maximalen Gegenkurs durchsetzen. Das liege nicht im Interesse der Wähler der Demokraten.

Außerdem werde eine überzogene Widerstandshaltung gegen Trump Wähler der Mitte abschrecken und zu den Republikanern treiben. Das koste Parlamentssitze bei der nächsten Wahl. Linke Führungsfiguren wie Bernie Sanders oder Elizabeth Warren sind an der Basis populär, aber in den USA insgesamt nicht mehrheitsfähig.

Ex-Botschafter Phil Murphy muss sich entschuldigen

Es gibt bereits erste Anzeichen, dass Demokraten ihren Wahlchancen mit aggressiver Rhetorik schaden. Phil Murphy, Ex-Botschafter in Deutschland und nun Kandidat für den Gouverneursposten in New Jersey, hatte scharfe Kritik auf sich gezogen, als er Trump und seine Anhängerschaft mit Hitlers Aufstieg verglich. Er entschuldigte sich, um den Schaden zu minimieren. In Virginia hatte der Demokrat Tom Perriello, der ebenfalls Gouverneur werden will, Trumps Wahlsieg als "politisches und verfassungsrechtliches 9/11" bezeichnet, also einen Anschlag auf Amerikas Verfassung, der mit dem Terrorangriff am 11. September 2001 vergleichbar sei. Auch er entschuldigte sich, weil die Empörung über seine Äußerung gefährlich wurde.

Nach einer Umfrage des Pew Forschungszentrums befürchten drei Viertel der Demokraten, ihre Partei werde zu wenig Widerstand gegen Trump leisten. Nur 20 Prozent befürchten, die Opposition könne zu weit gehen.

Ein "Tornado an Unterstützung" für Widerstand gegen Trump

Die Stimmung an der Basis tendiert also zu Krawall und Gegenwehr. Aus vielen Regionen der USA kommen Signale, dass kompromissbereite Demokraten Ärger und Drohungen auf sich ziehen. Wer sich hart gegen Trump stellt, bekommt Beifall und Unterstützung. Jay Inslee, der Gouverneur von Washington State, hatte sich der Klage gegen Trumps Einreiseverbot für Muslime angeschlossen. Er sagt, er erlebe "einen Tornado an Unterstützung".

Umgekehrt drohen liberale Gruppen, Gegenkandidaten aufzustellen gegen demokratische Abgeordnete, die aus ihrer Sicht nicht hart genug gegen Trump opponieren, berichtet die "New York Times".

Ginge es nach der Basis, müssten wir "Trump sofort impeachen", beschreibt John Yarmuth, ein Demokrat aus Kentucky, die Stimmung. Die Handlungsmöglichkeiten der Demokraten geben freilich nicht her, was die Basis erwartet. Die Republikaner haben Mehrheiten im Abgeordnetenhaus und im Senat. Und damit auch die Hoheit, was auf die Tagesordnung beider Kammern des Kongresses kommt und was nicht.

Schicksalsschwere Entscheidung

Für die Demokraten steht viel auf dem Spiel. Sie brauchen einen glaubwürdigen Kurs, um ihre Wahlchancen zu verbessern. Wenn sie aber überziehen und die Wähler das übel nehmen, laufen sie Gefahr, sich auf viele Jahre in einer Minderheitenposition einzumauern.

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