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Streik: Patienten müssen warten

Nach Kita-Erzieherinnen, Müllmännern und Straßenmeistereien streiken jetzt die Ärzte. In acht Universitätskliniken quer durch Deutschland beginnt am Donnerstag der Ausstand tausender Mediziner an Universitätskliniken.

Berlin - Die Krankenhauschefs und die Ärzte-Gewerkschaft warnen vor unterschiedlichen Horrorszenarien: Lebensnotwendige Operationen könnten nicht gewährleistet werden, warnen die Kliniken. Laut Marburger Bund (MB) droht ein Exodus deutscher Ärzte ins Ausland, wenn diese nicht endlich mehr Gehalt bekommen.

«Die Patienten werden wir schützen», versichert der MB- Vorsitzende Frank-Ulrich Montgomery. Treffen will die Ärztegewerkschaft die Kliniken, nicht die Kranken. Die Krankenhauschefs, so ihr Kalkül, sollen aus Furcht vor Einnahme- Ausfällen Druck auf die Landesregierungen ausüben. Der Klinikalltag soll an Streiktagen ablaufen wie sonst am Sonntag - Intensivstationen und Nachtschichten sollen besetzt, Notoperationen und unaufschiebbare Untersuchungen gewährleistet sein. «Normale Untersuchungen und planbare Operationen» würden jedoch verschoben.

Stur und verhandlungsbereit zugleich

Tatsächlich sollen nur einige Tausend der 22.000 Uniklinik-Ärzte jeweils streiken. Die Zahl soll aber steigen, je länger der Streik geht. Zum eintägigen Streik-Auftakt an diesem Donnerstag dürfen sich beispielsweise in Halle schon allein aus tarifrechtlichen Gründen nur 100 der 650 Ärzte beteiligen. Auch für die Uni-Kliniken in Freiburg, Heidelberg, München, Würzburg, Essen, Bonn und Mainz ist Donnerstag Streiktag. Hamburg, Berlin und Schleswig-Holstein geht die Arbeit wegen tarifpolitischer Sondersituationen auch in den kommenden Tagen dagegen normal weiter.

Nun kommt es darauf an, wann Marburger Bund und Länder weiter verhandeln. Beide zeigten sich dazu bereit. Aber in der Sache zugleich stur. «Wir verlangen 30 Prozent, die der einzelne mehr an Geld im Portemonnaie haben muss», sagt MB-Geschäftsführer Armin Ehl. «Gehaltserhöhungen von 30 von Hundert sind unbezahlbar», hält der Verhandlungsführer der Länder, Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), dem entgegen. Ob sich die Stimmung in der Bevölkerung eher gegen die Ärzte oder Möllring wendet, muss sich erst noch zeigen.

Übermüdete Ärzte

Nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft liegt das Durchschnitts-Nettoeinkommen der Klinikärzte mit 3093 Euro deutlich über dem sonstiger Akademiker im öffentlichen Dienst. Und bekämen die Ärzte das geforderte 30-Prozent-Plus, müssten die Beitragszahler der gesetzlichen Kassen bis zu 0,3 Prozentpunkte mehr zahlen. Allerdings türmt sich allein der Wert nichtbezahlter Überstunden nach MB-Angaben auf eine Milliarde Euro pro Jahr auf. Und gestresste, übermüdete Assistenzärzte - deren Gehalt auch deutlich unter Durchschnitt liegt - wollen Patienten auch nicht.

Der Zeitpunkt des Streiks sei «nicht ganz glücklich», räumt Ehl ein. Viele Bürger dürften nach eineinhalb Monaten Streik im öffentlichen Dienst der Länder allmählich genug haben. Möllring zeigt sich hier bei seiner Ablehnung einer Schlichtung dennoch mit Rückendeckung der Union weiter standhaft.

In den Kommunen werden die größten Hindernisse aus Verhandlungsrunden und dann auch von den Bürgersteigen dagegen allmählich abgeräumt. Der Tarifstreit um die Arbeitszeit im öffentlichen Dienst von Städte und Gemeinden in Niedersachsen ist bereits beigelegt. Der Durchbruch lautet: Die 38,5-Stunden-Woche bleibt - aber nur für besonders anstrengende Berufe wie der Müllabfuhr. In Baden-Württemberg versuchen nun zwei Schlichter, den kommunalen Tarifstreit im Südwesten beizulegen. (Basil Wegener, dpa)

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