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Politik: Streik statt Labour

Gewerkschaften machen Front gegen Blairs Privatisierungspläne

Von Matthias Thibaut, London

Im nordenglischen Blackpool beginnt die Labour Party an diesem Sonntag ihren schwierigsten Parteitag seit ihrem Regierungsantritt 1997. Viele Teilnehmer kamen direkt von der Anti-Kriegs-Demonstration in London, um ihre Proteste gegen Blairs Kriegskurs fortzusetzen. Doch der Parteiführung bereiten eher Proteste gegen die Reform des öffentlichen Dienstes Kopfzerbrechen. Darüber könnte es zu einem Zerwürfnis kommen.

Die wachsende Rolle privater Unternehmen in Gesundheitswesen, Verkehr und anderen öffentlichen Diensten wird von der Mehrheit der Briten und der Labouranhänger abgelehnt. Großbritanniens Feuerwehrleute, die im Oktober erstmals seit 25 Jahren in den Streik treten wollen, sind populärer als Labour. 68 Prozent der Briten haben Verständnis für den Streik, doch nur 39 Prozent würden Labour wählen. Nie seit 1993 stand Labour in Meinungsumfragen so schlecht da.

Die Gewerkschaften wollen in Blackpool ein Moratorium bei den so genannten PFI- Verträgen durchsetzen, dem Kernstück der Labour-Reform. Bei diesen „privaten Finanz-Initiativen" wird beispielsweise der Bau und Betrieb von Krankenhäusern von Privatunternehmen übernommen. Der Staat bezahlt dann vertraglich festgelegte Nutzergebühren. Parteistrategen zufolge beschleunigt dies die Modernisierung der Infrastruktur, führt zu mehr Kundennähe und überträgt Risiken vom Staat auf den Privatsektor.

Schatzkanzler Brown und Premier Blair haben Kritik an den PFI-Modellen entschieden zurückgewiesen. Doch die Gewerkschaften sprechen höhnisch von „Enron-Buchführung“ und erinnern an die Serie gescheiterter Privatisierungen wie British Rail und British Energy, bei denen der Staat Millionen nachschieben muss. Ein Krankenhaus in Edinburgh, das der Staat für 180 Millionen Pfund hätte bauen können, wird nun 30 Jahre lang jährlich 30 Millionen Pfund kosten. „Wir brauchen eine ehrliche Wirtschaftlichkeitsprüfung der PFI-Projekte“, forderte Gewerkschaftsboss John Edmonds.

Die strittigen Themen sollen bis Montag ausgestanden sein – rechtzeitig vor Blairs großer Parteitagsrede am Dienstag. Die größte Furcht der Parteiführung ist, dass es beim Auftritt des Stars erstmals Zwischenrufe oder gar Proteste gibt.

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