zum Hauptinhalt

Politik: Streit auf Stichwort

Die Union misstraut Initiativen gegen Rechtsextremisten – hat sie sich von der „Jungen Freiheit“ anregen lassen?

Von Matthias Meisner

Berlin - Die Politik streitet über das richtige Vorgehen gegen die NPD – und Rot-Grün hat Zweifel, dass die Union dabei richtig mitzieht. Am Montag flammte der Streit um die Projekte gegen Rechtsextremismus, von denen viele von der Bundesregierung gefördert werden, wieder auf. Schon im Dezember hatte die Union unter Verantwortung von Parlamentsgeschäftsführer Eckart von Klaeden in einer Großen Anfrage an die Bundesregierung den Verdacht geäußert, dass mit dem „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ auch linksextremistische und verfassungsfeindliche Gruppen finanziell unterstützt werden. Ein Vorwurf, den Rot-Grün als „Unverschämtheit“ zurückwies.

Jetzt glauben Fachpolitiker den Stichwortgeber der Union ausgemacht zu haben – das ultrarechte Wochenblatt „Junge Freiheit“. Die Zeitung, Sprachrohr der „Neuen Rechten“, hatte bereits im vergangenen Frühjahr akribisch notiert, wer vom Toleranz-Bündnis alles Geldpreise bekommen hat und Verbindungen der Preisträger zu Linksextremisten angeprangert. Mehrere der wegen ihrer Links-Kontakte kritisierten Preisträger, etwa der „Kölner Appell gegen Rassismus“, der Verein Pfeffer und Salz aus Angermünde und die Zeitschrift „Der rechte Rand“, tauchten später in der Unions-Anfrage auf. Omid Nouripour, Grünen-Vorstandsmitglied, sagte dem Tagesspiegel: „Geist des Artikels in der ,Jungen Freiheit’ und der CDU/CSU-Anfrage sind identisch.“ Nouripour sieht den Versuch, die Initiativen gegen Rechts generell zu diskreditieren. SPD-Vorstandsmitglied Niels Annen, Chef einer Projektgruppe Rechtsextremismus seiner Partei, mahnte: „Die Gemeinsamkeit der Demokraten darf keine Floskel bleiben“. Die Unionsführung müsse, so Annen, die Aktivitäten „bestimmter Hinterbänkler“ unterbinden, die rechtskonservative Diskurse legitimieren wollten.

Eine Antwort auf ihre Anfrage hat die Union noch nicht. Im Regierungslager wappnet man sich aber bereits gegen die Vorwürfe. Nach einem dem Tagesspiegel vorliegenden Vermerk aus dem Bundesinnenministerium werden in der Unionsanfrage neun von 316 ausgezeichneten Gruppierungen erwähnt. Von einer Unterstützung von linksextremistisch beieinflussten Initiativen „in erheblichem Maße“ könne „offensichtlich keine Rede sein“. Zudem hätten Unionsvertreter im Beirat des Bündnisses gesessen, erst Christian Schwarz-Schilling, seit 2002 die CSU-Abgeordnete Dorothee Mantel. Sie seien an allen genannten Entscheidungen „entweder beteiligt“ gewesen oder „hätten diese beeinflussen können“. Zitiert wird Reiner Schiller-Dickhut, Vize-Geschäftsführer des Bündnisses: In Teilen Ostdeutschlands gebe es „kaum Gruppen, die einer rechtsextrem geprägten Jugendkultur Paroli bieten“.

In der CDU/CSU-Fraktionsführung gibt man sich arglos. Dort heißt es, Bündnis für Toleranz dürfe nicht heißen, „dass man auf einem Auge blind ist“. „Alles, was undemokratisch ist, muss bekämpft werden.“ Dass man bei der „Jungen Freiheit“ abgeschrieben habe, wird in Unionskreisen vehement bestritten. „Das ist absoluter Unfug. Wir haben nicht nötig, uns von der ,Jungen Freiheit’ vor den Karren spannen zu lassen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false