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Politik: Streit der Kirchen

Das Visum, dass Jerzy Mazur zu beliebig häufigen Ein- und Ausreisen nach Russland berechtigt, wäre eigentlich bis Januar nächsten Jahres gültig. Doch am Freitagabend stempelten Grenschutzbeamte auf dem internationalen Flughafen in Moskau das Visum ungültig und setzten Mazur in das Flugzeug nach Warschau, mit dem er gerade angekommen war.

Das Visum, dass Jerzy Mazur zu beliebig häufigen Ein- und Ausreisen nach Russland berechtigt, wäre eigentlich bis Januar nächsten Jahres gültig. Doch am Freitagabend stempelten Grenschutzbeamte auf dem internationalen Flughafen in Moskau das Visum ungültig und setzten Mazur in das Flugzeug nach Warschau, mit dem er gerade angekommen war. Gründe wurden nicht genannt. Das hiesige Fernsehen berief sich allerdings auf einen Sprecher des Grenzschutzes, wonach gegen Mazur der Artikel 27 des Einreisegesetzes angewendet wurde. Demzufolge kann Ausländern, die die staatliche Sicherheit gefährden oder in ihrer Heimat verurteilt wurden, die Einreise verweigert werden. Das Einreiseverbot für Mazur hat indes einen besonderen Hintergrund: Mazur ist katholischer Bischof mit Sitz im ostsibirischen Irkutsk.

Moskaus Kirchenväter werfen dem Vatikan seit dem Ende der Sowjetunion "aggressive Missionstätigkeit" vor. Daran scheiterte schon mehrfach ein von Papst Johannes Paul II. sehnlichst erhoffter Russland-Besuch. Neues Öl ins Feuer goss der Papst-Besuch in der Ukraine im letzten Jahr. In deren westlichen Regionen bilden Gläubige griechisch-katholischer Konfession die Mehrheit.

Gegen den Widerstand der orthodoxen Kirche hatte der Vatikan im Februar die Errichtung von vier katholischen Diözesen in Moskau, Saratow, Nowosibirsk und Irkutsk angekündigt. Im vorrevolutionären Russland gab es in diesen Städten bereits Bistümer. Russlands Orthodoxie mischte sich schon unter Jelzin immer unverfrorener in die Politik ein, unter Putin mutierte sie quasi zur Staatsräson. Die Konferenz der katholischen Bischöfe Russlands, die gegen die Ausweisung Mazurs "energischen Protest" einlegte, spricht bereits von einer " flächendeckenden organisierten Kampagne", die gegenwärtig in Russland gegen die katholische Kirche läuft.

Der russische Botschafter am Heiligen Stuhl, Witalij Litwin, wurde am Wochenende in den Vatikan zitiert. Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano, der zweite Mann nach dem Papst im Kirchenstaat, wollte ihn unverzüglich sehen. Litwin soll indes mit den Schultern gezuckt haben. Er wisse nicht, so der Botschafter, was in Moskau passiert sei, und die Regierung habe ihn auch nicht informiert.

In Rom wollte man die Nachricht vom Einreiseverbot zunächst gar nicht glauben. Sodano versuchte mit den Behörden in Moskau Kontakt aufzunehmen, was erst nach Stunden möglich war. Ihm wurde bestätigt, was Mazur bereits berichtet hatte. Der katholische Würdenträger dürfe russischen Boden nicht mehr betreten. Gründe für diese Entscheidung teilte man Rom nicht mit. Der Vatikan sprach von einer "unerhörten Entscheidung" und verlange "Aufklärung" - auch in einem weiteren Fall. Denn schon vor wenigen Wochen hatten die russischen Behörden die Einreise von Stefano Caprio verhindert, der seit zehn Jahren Priester in Wladimir in der Nähe Moskaus ist. Künftige Reisen nach Russland wurden ihm untersagt. Bisher durfte er nicht einmal seine persönlichen Sachen aus dem Pfarrhof in Wladimir abholen. Der Vatikan und die Konferenz der katholischen Bischöfe Russlands legten am Wochenende "energischen Protest" ein und forderten Erklärung. Doch auch in diesem Fall erhielt man im Vatikan keine Begründung. Kirchenkreise vermuten indes eine Art Racheakt für die Einrichtung der neuen Diözesen. Ein Mitarbeiter der römischen Kurie sprach gar von einer "Kriegserklärung".

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