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Politik: Streit über Geld für Entwicklungshilfe

Bundestag will überschüssige EU-Mittel nicht für Armutsbekämpfung freigeben

Berlin - Die regelmäßigen Beteuerungen der Politik, die Entwicklungsländer stärker zu unterstützen, scheinen angesichts mancher Entscheidungen hierzulande inhaltslos. Das zumindest werfen die Grünen nach einem handfesten Streit über die Verwendung von Haushaltsmitteln für die Entwicklungshilfe der großen Koalition vor. So hat der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung des Bundestages einen Antrag abgelehnt, der eine enorme Geldspritze für die Landwirtschaft in Entwicklungsländern hätte bedeuten können.

Die Vorgeschichte: EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hatte auf dem G-8-Gipfel in Japan im Juli vorgeschlagen, einen Überschuss des EU-Agrarhaushaltes von einer Milliarde Euro in die Landwirtschaft in Entwicklungsländern fließen zu lassen. Nun wird dieser Vorschlag in Brüssel demnächst diskutiert werden und die einzelnen Mitgliedstaaten müssen Stellung beziehen.

Der Bundestagsausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung lehnte nun einen Antrag der Grünen zur Unterstützung des Barroso- Vorschlags ab. Wäre der Antrag angenommen worden, hätte dies die Bundesregierung aufgefordert, darüber zu diskutieren und dem Vorschlag Barrosos zuzustimmen, meint Thilo Hoppe, Vorsitzender des Ausschusses.

Der Grünen-Politiker zeigte sich enttäuscht über die Ablehnung des Antrags seiner Partei: „Das ist schon ernüchternd und bitter“, sagte er. Seiner Einschätzung nach hätten Ausschussmitglieder der Sozialdemokraten dem Antrag eigentlich wohlwollend gegenübergestanden, seien aber von der eigenen Fraktion umgestimmt worden. „Da haben sich die Agrar- und Finanzinteressen durchgesetzt“, erklärte er.

Entstanden seien die Überschüsse im Agrarhaushalt der EU, weil durch die gestiegenen Lebensmittelpreise die Agrarexportsubventionen, die auch einen Preisausgleich beinhalten, nicht mehr in dem Umfang gebraucht wurden, wie zuvor gedacht. „Die Agrarsubventionen schaden ja auch der Landwirtschaft in Entwicklungsländern, deswegen war die Umschichtung eigentlich eine sehr schöne Idee“, sagte Hoppe.

Die Umschichtung von überschüssigen Geldern in die Entwicklungshilfe sei ein relativ neuer Ansatz der EU-Politik, mittlerweile aber auch rechtlich geprüft, erläuterte Hoppe: „Auch die EU-Agrarpolitik steht unter der Präambel der Entwicklungszusammenarbeit“.

Eine stärkere Unterstützung der Landwirtschaft in Entwicklungsländern um die Nahrungsmittelkrise aufzuhalten, hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bereits auf dem Welternährungsgipfel in Rom gefordert. Barrosos Vorschlag hätte zusätzliche Gelder ohne Mehrbelastung des EU-Haushalts für dieses Ziel bedeuten können.

„Mit der Ablehnung des Antrags lässt Deutschland Barroso ziemlich im Regen stehen“, urteilte Hoppe. Dass Barrosos Vorschlag doch noch in Brüssel umgesetzt werde, bezweifelt der Grünen-Politiker. Der Antrag müsse einstimmig angenommen werden. Frauke Böger

Frauke Böger

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