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Politik: Streit um Eintrittsgeld beim Arzt

SPD uneins über den Vorschlag höherer Eigenbeteiligung für Patienten / „Gesundheitspass einführen“

Berlin. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) will mit einem Gesundheitspass künftig Doppeluntersuchungen und Fehlbehandlungen bei den Patienten vermeiden. Die Chipkarte werde nicht nur dazu dienen, elektronische Rezepte auszustellen, sondern auch dazu, die komplette Patientenakte mit den kompletten Behandlungsdaten zu führen, sagte SPD-Fraktionsvize Gudrun Schaich-Walch dem Tagesspiegel. „Damit können Mehrfachuntersuchungen gebremst werden“, sagte die Gesundheitspolitikerin, die sich davon auch mehr Transparenz für den Patienten über seine Behandlung verspricht. Die Chipkarte lasse sich außerdem als „Zugangsberechtigung“ für den Hausarzttarif verwenden, den Schmidt einführen will. Danach sollen Versicherte, die bei Krankheit freiwillig erst ihren Hausarzt aufsuchen und nicht gleich den teuren Facharzt, einen reduzierten Krankenkassenbeitrag zahlen.

Auf der Klausurtagung in Wiesbaden will die Ministerin Kernpunkte ihres Reformpakets vorstellen. Dazu gehört auch, den rund 350 gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland ein Zusammengehen zu erleichtern. Bisher dürfen Ersatzkassen, Allgemeine Ortskrankenkassen, Innungskrankenkassen und Betriebskrankenkassen nur untereinander fusionieren. Doch wenn den Krankenkassen mit der Gesundheitsreform mehr Verhandlungsmacht übertragen werde, „brauchen wir wettbewerbsfähige Kassen“, sagte Schaich-Walch. Dafür brauche eine Krankenkasse eine „bestimmte Größenordnung“. Wie viele Krankenkassen am Ende eines Fusionsprozesses übrig bleiben könnten, ließ sie offen. Sie strebe aber keine Einheitskasse an.

Zu den Eckpunkten der Gesundheitsreform gehören außerdem die Positivliste für Medikamente sowie die Einrichtung eines Nationalen Instituts zur Sicherung der Qualität in der Medizin. Insgesamt will Schmidt mit ihrer Reform nach Informationen des „Handelsblatts“ rund acht Milliarden Euro einsparen, um den zum 1. Januar auf 14,3 Prozent gestiegenen Durchschnittsbeitrag zu stabilisieren. Die Positivliste soll den Arzneimittelmarkt für Ärzte und Patienten überschaubarer machen. Das Institut wiederum soll als eine Art „Qualitäts-TÜV“ Arzneimittel und medizinische Behandlungen nach ihrer Wirksamkeit und Qualität bewerten. Bisher bleiben Ärzte und Krankenkassen weitgehend unter sich, wenn es um die Beurteilung neuer Arzneien und Therapien wie etwa Krebsbehandlungen geht. Ärztevertreter wehren sich gegen ein solches Institut, weil sie ihre Therapiefreiheit gefährdet sehen.

In ihrer Partei sieht Schmidt weitgehende Einigkeit über den angestrebten Reformkurs in der Gesundheitspolitik. Auch die SPD-Linke sei „zu 95 Prozent damit einverstanden“, was in dem Strategiepapier aus dem Kanzleramt und in dem Diskussionspapier von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement vorgesehen sei, sagte Schmidt vor einer SPD-Klausurtagung im ZDF. Zu den fünf Prozent, über die Dissens besteht, gehört vermutlich die Forderung des Kanzleramts, Patienten über Selbstbeteiligungen stärker an den Krankenkassenkosten zu beteiligen. „Das kann dazu führen, dass Krankheiten chronisch werden“, befürchtet die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Helga Kühn-Mengel. Dem Tagesspiegel sagte sie, dass sich Patienten „bei hohen Eintrittsgebühren dreimal überlegen, ob sie zum Arzt gehen“. Umstritten ist auch die Idee, einen Teil der Beiträge zurückerstatten zu lassen, wenn der Versicherte in einem Jahr selten oder nie beim Arzt war.

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