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Gesetze im Eiltempo? Bundestagspräsident Norbert Lammert will mehr Zeit, damit das Parlament in Ruhe über den Plan zur Euro-Rettung beraten kann.

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Streit um Euro-Gesetze: Von wegen Union

Es kracht in der CDU: Fraktionschef Volker Kauder verbittet sich "Belehrungen" von seinem Parteikollegen Norbert Lammert über den Fahrplan für die Euro-Gesetze.

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Berlin - Wegen der umstrittenen Gesetze zur Euro-Rettung ist es jetzt zu einem offenen Schlagabtausch zwischen Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und dem Fraktionsvorsitzenden der Union, Volker Kauder (CDU), gekommen. Konkret geht es dabei um den Zeitplan der Bundestagsberatungen. Nachdem Norbert Lammert am Wochenende darauf hingewiesen hatte, dass das Parlament ausreichend Zeit für die Beratungen des Euro-Rettungsschirms benötige, hat sich nun der Fraktionschef der Union in ungewöhnlich scharfer Form „Belehrungen“ des Parlamentspräsidenten über den Zeitplan für die Verabschiedung des erweiterten Euro-Rettungsschirms verbeten. „Wir peitschen keine Gesetze durch“, sagte Kauder der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ und suchte damit den Eindruck zu zerstreuen, die Koalitionsfraktionen sähen sich als verlängerter Arm der Bundesregierung. Es stimme nicht, dass „da Befehle ausgegeben würden, die die Fraktion zu befolgen hat“, betonte Kauder. Die Unionsfraktion arbeite eng und gut mit der Bundesregierung zusammen, sei aber nicht willfährig.

Mitte August hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zugesagt, dass der Bundestag den EU-Gipfelbeschlüssen vom 21. Juli bis Ende September zugestimmt haben werde, so dass der Rettungsschirm Anfang Oktober arbeitsfähig sei. Der finanziell und in seinen Befugnissen erweiterte Rettungsschirm EFSF kann erst nach Zustimmung der Parlamente in mehreren Euro-Ländern wirksam werden. Lammert, der in den vergangenen Monaten bereits mehrfach Kritik an aus seiner Sicht zu knapp bemessenen Gesetzgebungsfristen geübt hatte, warnte daraufhin am Wochenende die Regierung davor, nun auch bei den Euro-Beschlüssen die Rechte des Parlaments zu missachten und sie im Eiltempo durchzusetzen. „Die Bundesregierung kann ohne Zustimmung des Bundestags nichts zusagen, was auch nur einen Cent kostet“, sagte der Parlamentspräsident – und lud seinerseits die Parlamentarischen Geschäftsführer aller Fraktionen für kommenden Dienstag zu einer Beratung über den Zeitplan ein.

Aus Sicht der Unionsfraktion steht der Zeitplan allerdings weitestgehend fest. Geplant ist, dass sich das Kabinett mit den Rettungsschirm-Gesetzen, deren Grundlagen derzeit in Brüssel zwischen den Euro-Ländern abgestimmt werden, am 31. August befassen soll. Die Fraktionen von Union und FDP könnten die Entwürfe dann frühestens in der darauffolgenden ersten Sitzungswoche nach den Sommerferien beraten. Damit das von Merkel in Brüssel gegebene Zeitversprechen eingehalten werden kann, muss der Bundestag den Gesetzen jedoch bereits zwei Wochen später, am 23. September zustimmen. Eine zeitliche Streckung, etwa bis Ende September, würde eine Sondersitzung des Bundesrates erforderlich machen, dessen turnusmäßige Zusammenkunft erst wieder für den 14. Oktober vorgesehen ist.

Die Opposition verteidigte Lammert am Donnerstag. „Wenn der Parlamentspräsident sich um das Recht des Parlaments sorgt, ist das seine ureigenste Aufgabe“, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Diese Aufgabe habe Lammert gegenüber der Regierung sehr gut erfüllt. Grundsätzlich plädieren auch SPD und Grüne für eine zügige Abwicklung des Gesetzgebungsverfahrens. Zur Bedingung machen sie jedoch eine zeitnahe Information der Bundesregierung über den Inhalt.

Die sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Veronika Bellmann forderte indes erneut einen Sonderparteitag der CDU zur Euro-Krise vor den Bundestagsentscheidungen. „Was derzeit im Euro-Raum abgeht, versteht kaum noch einer. Es ist höchste Zeit für mehr Transparenz und für eine Diskussion mit der CDU-Basis über die Zukunft Deutschlands in und mit Europa“, sagte Bellmann dem Tagesspiegel. Einen Sonderparteitag lehnt die Parteiführung bisher ab.

Nach den deutsch-französischen Beschlüssen vom Dienstag warnte der hessische CDU-Abgeordnete und frühere Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber (CDU) vor einer Finanztransaktionssteuer ohne Einbeziehung des Londoner Börsenplatzes. „Wenn man Großbritannien nicht mit ins Boot holt, dann halte ich die Einführung einer Finanztransaktionsteuer für höchst problematisch. Denn dann erreicht man nur, dass die Anleger an den Finanzplatz London ausweichen“, sagte er dem Tagesspiegel.

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