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Auch wenn ein Handelsgerichtshof die Streitigkeiten zwischen Firmen und Staaten verhandeln würde, gewinnt das Freihandelsabkommen TTIP nicht unbedingt neue Anhänger.

© Tim Brakemeier/dpa

Streit um Freihandelsabkommen: Ein Handelsgerichtshof soll TTIP retten

Statt auf intransparente Schiedsgerichte setzt Sigmar Gabriel auf den Rechtsstaat. Der Vizekanzler will die umstrittenen Schiedsgerichte durch einen dauerhaft tagenden Handelsgerichtshof ersetzen. Das liegt dem europäischen Rechtsempfinden näher. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Dagmar Dehmer

1,93 Millionen Euro gibt das Wirtschaftsministerium 2015 für ein einziges Verfahren vor dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitfällen bei der Weltbank aus. Der schwedische Energiekonzern Vattenfall hat Berlin 2012 wegen des Atomausstiegs in Washington verklagt. Bis Ende 2014 hat das Verfahren die deutschen Steuerzahler 3,3 Millionen Euro gekostet, in den kommenden zwei Jahren kommen weitere 2,1 Millionen dazu. Und das sind nur die Verfahrenskosten. Vattenfall verlangt mehr als vier Milliarden Euro Schadenersatz.

Es sind Verfahren wie dieses, die das Misstrauen gegen Schiedsgerichtsverfahren geschürt haben. 1,7 Millionen Menschen haben mit ihrer Unterschrift die Europäische Bürgerinitiative gegen das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA unterstützt. Grund sind vor allem intransparente Schiedsgerichtsverfahren, die nicht öffentlich sind, deren Dokumente geheim sind, die nicht von Richtern, sondern von gut bezahlten Rechtsanwälten geführt werden.

Sigmar Gabriel (SPD) will den TTIP-Kritikern mit dem Vorschlag eines transparenten Handelsgerichtshofs ein wenig Wind aus den Segeln nehmen.
Sigmar Gabriel (SPD) will den TTIP-Kritikern mit dem Vorschlag eines transparenten Handelsgerichtshofs ein wenig Wind aus den Segeln nehmen.

© imago

Dem will Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) nun einen internationalen Handelsgerichtshof entgegensetzen. Er hat einen 30-seitigen Vorschlag, den der Erlanger Völkerrechtler Markus Krajewski ausgearbeitet hat, an EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström weitergereicht. Die Idee: Von der EU und den USA bestellte Richter verhandeln Konflikte, die sich aus dem Freihandelsabkommen ergeben könnten. Die Verhandlungen sollen öffentlich sein, die Dokumente auch, und es soll eine Berufungsinstanz geben.

Die Skeptiker wird Gabriel damit nicht überzeugen. Aber er kann vielleicht verhindern, dass die Zahl der Skeptiker weiter wächst. Gegen einen Handelsgerichtshof ist zunächst einmal nichts zu sagen. Wer im Ausland investiert, braucht die Rechtssicherheit, dass er nicht enteignet oder im Vergleich zu einheimischen Investoren deutlich schlechter gestellt wird. Ein Handelsgerichtshof ist dem europäischen Rechtsempfinden näher. Dass die USA einen öffentlich kontrollierbaren Gerichtshof besser finden als ein im Geheimen tagendes Schiedsgericht, ist allerdings unwahrscheinlich. Da muss Gabriel sich noch einiges einfallen lassen.

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