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Streit um Holocaust-Leugner: Welche Möglichkeiten hat der Papst?

Die Kritik an der Entscheidung von Benedikt XVI., die Exkommunikation von vier ultrakonservativen Bischöfen, darunter ein Holocaust-Leugner, aufzuheben, hält an. Wie könnte der Papst die Gemüter beruhigen?

Wenn Benedikt XVI., was ernsthaft keiner annimmt, über seinen Abgang als Papst nachdenken würde, gäbe es da durchaus ein Vorbild. Coelestin V. hielt es Ende des 13. Jahrhunderts nur wenige Monate im Amt, bevor er – nach viel Kritik und völlig überfordert – auf eigenen Wunsch als Papst abdankte. Er wollte lieber wieder als Einsiedler leben. Der italienische Eremit ist damit der einzige Papst in der Kirchengeschichte, der freiwillig auf sein Pontifikat verzichtete.

So weit wird es mit dem derzeitigen Papst nicht kommen, auch wenn die Kritik an seinen jüngsten Entscheidungen nicht abebbt. Die Rehabilitierung von vier ultrakonservativen Bischöfen, von denen einer den Holocaust öffentlich leugnet, sowie die Ernennung eines Weihbischofs in Linz, der den Hurrikan „Katrina“ im Jahr 2005 als göttliche Strafe bezeichnete, haben Benedikt XVI. in Bedrängnis gebracht. Fakt ist aber, dass der Papst im Grunde tun und lassen kann, was er will. Er ist ein absoluter Monarch, der nach dem Kirchenrecht nicht gestürzt werden kann. Freiwillig allerdings könnte das katholische Kirchenoberhaupt zurücktreten. Das regelt Canon 332, Paragraf 2 des kanonischen Rechts, des Kirchenrechts. Dort steht: „Falls der Papst auf sein Amt verzichten sollte, ist zur Gültigkeit erforderlich, dass der Rücktritt freiwillig geschieht und hinreichend kundgemacht wird, nicht aber, dass er von irgendjemandem angenommen wird.“

Was der jetzige Papst mit seinem mittelalterlichen Vorgänger gemeinsam hat, ist, dass beide ihr Amt offenbar nicht angestrebt haben. Coelestin V. soll zunächst geflohen sein, nachdem ihm die Botschaft von seiner Wahl überbracht worden war; und Joseph Ratzinger soll vor seiner Wahl Gott angefleht haben, diesen Kelch an ihm vorübergehen zu lassen. Genutzt hat das nicht viel: Der 81-Jährige, der am liebsten Theologe ist, steht seit 2005 an der Spitze der römisch-katholischen Kirche und des Staates Vatikanstadt.

Nun erzürnt vor allem die Aufhebung der 1988 verhängten Exkommunikation für den britischen Traditionalisten-Bischof und Holocaust-Leugner Richard Williamson zahlreiche Menschen. Die Exkommunikation bedeutet aber nicht den Ausschluss aus der Kirche, was kirchenrechtlich nicht möglich ist, sondern das Verbot, Sakramente zu empfangen sowie ein kirchliches Amt auszuüben. Kritik kommt aber nicht nur von Papst-Kritikern. Auch für viele Katholiken ist der Vorgang unerklärlich und sollte schnellstmöglich rückgängig gemacht werden.

Die Exkommunikation besteht weiterhin

„Der Papst könnte den Straferlass zurücknehmen, und das wäre auch sinnvoll und kein Widerspruch zur päpstlichen Unfehlbarkeit“, sagte der Tübinger Kirchenrechtler Richard Puza. „Wird ein Straferlass unter falschen Voraussetzungen gewährt, kann der Papst seine Entscheidung zurücknehmen.“ Das besage Canon 63 des Kirchenrechts. Eine falsche Voraussetzung könne das Verschweigen von Tatsachen sein. Zwei Tage nach der Aufhebung der Exkommunikation der Traditionalisten-Bischöfe hatte das schwedische Fernsehen ein Interview mit Williamson ausgestrahlt, in dem er leugnete, dass jemals ein Jude in einer Gaskammer umgekommen sei. Benedikt XVI. könnte sich darauf berufen, dass er von den Äußerungen des Briten, die in Deutschland als Straftat gelten, zum Zeitpunkt seiner Entscheidung nichts gewusst habe. Um solche Probleme künftig zu vermeiden, sollte im Kodex, dem Gesetzestext der katholischen Kirche, eine Bestimmung aufgenommen werden, die das Leugnen des Holocaust eindeutig verbietet, fordert Puza. Das sei bisher so nicht der Fall.

Zunächst vom Dienst suspendiert und dann auch exkommuniziert worden waren Williamson und die drei anderen Bischöfe der Piusbruderschaft 1988, da sie ohne die Zustimmung Roms geweiht worden waren. Sie blieben allerdings Bischöfe. „Falls sie danach noch Messen hielten oder Sakramente spendeten, dann waren diese zwar nach dem Kirchenrecht unerlaubt, aber dennoch gültig“, erklärt Puza. Die Suspension habe der Papst im Übrigen anders als die Exkommunikation gar nicht aufgehoben. Es ist den Bischöfen also auch weiterhin nicht erlaubt, den geistlichen Dienst auszuüben.

Juliane Schäuble

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