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Streit um Kandidaten: Verhandlungsmasse Präsident

Die FDP droht wegen des Streits um Steuerfragen mit der Nichtwahl Wulffs – 42 Prozent der Deutschen sprechen sich für Joachim Gauck als neuen Bundespräsidenten aus.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Bei der Wahl des neuen Bundespräsidenten in drei Wochen droht die Bundesversammlung zum Schauplatz der Auseinandersetzungen zwischen Union und FDP zu werden. Nachdem sich bereits vergangene Woche mehrere FDP-Landesverbände und Fraktionsmitglieder positiv über den Präsidentschaftskandidaten von Rot-Grün, Joachim Gauck, geäußert hatten, drohen liberale Spitzenpolitiker nun unverhohlen damit, den Kandidaten von Schwarz-Gelb, Christian Wulff, nicht mitzuwählen, wenn die Union keinen Abstand von Steuererhöhungen nimmt. Hessens FDP-Chefs Jörg-Uwe Hahn sagte am Mittwoch, die Union könne nicht in jedem Fall erwarten, dass die FDP ihren Kandidaten Wulff „einfach bedenkenloswählt“. Er habe das Gefühl, sagte Hahn, dass die Union nicht verstanden hat, dass man Verträge, die man abgeschlossen hat, auch einzuhalten hat“. Hahn bezog sich auf die Änderungsforderungen am Sparpaket ebenso wie auf den Stopp der Reformpläne des liberalen Gesundheitsministers Philipp Rösler durch die CSU. Auch der sächsische FDP-Chef, Holger Zastrow, wiederholte am Mittwoch das bereits vor dem Wochenende ausgesprochene Lob für Joachim Gauck.

FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger war am Mittwoch sichtlich bemüht den Eindruck zu zerstreuen, die FDP wolle sich das Wohlverhalten ihrer Koalitionspartner auf dem Rücken der Wahl zum höchsten Staatsamt in Deutschland erkaufen. „Es wird keine Verknüpfung geben“, sagte Homburger. Allerdings wies auch sie darauf hin, dass ein „klares Signal“ von der Union erwarte. Die CSU warnte die FDP davor, ihre Zustimmung für Wulff vom Wohlverhalten der Union in der Berliner Koalition abhängig zu machen. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte am Mittwoch im Bayerischen Rundfunk, es dürfe keinen „Kuhhandel“ geben.

Der rot-grüne Präsidentschaftskandidat Joachim Gauck erweist sich derweil in der Bevölkerung einer Umfrage zufolge als deutlich beliebter als der Kandidat der schwarz-gelben Koalition, Christian Wulff (CDU). 42 Prozent der Bundesbürger würden für den früheren Stasiakten-Beauftragten Gauck stimmen, wenn sie den Bundespräsidenten selbst wählen könnten, wie aus einer vom Magazin „Stern“ veröffentlichten Forsa-Umfrage hervorgeht. 32 Prozent würden sich für den niedersächsischen CDU-Ministerpräsidenten entscheiden.

Gauck sagte dem „Stern“, er habe eine „menschliche Sekunde“ darüber nachgedacht, ob er aus Rücksicht auf Kanzlerin Merkel auf seine Kandidatur verzichten solle. „Warum soll ich jene ärgern, die dir eigentlich nahe stehen? Das ist doch schade“, habe er sich gefragt. Dann habe er aber den Gedanken verworfen: „Wenn du davon die Entscheidung abhängig machst, ist das ein wenig verspielt und ganz sicher unerwachsen.“ Wulff verteidigte indes seine Entscheidung, das Ministerpräsidentenamt erst im Fall seiner Wahl niederzulegen. Die Chance, Präsident zu werden, sei „sehr ehrenhaft“. Aber es wäre „auch nicht unehrenhaft, Ministerpräsident zu bleiben“, sagte er. mit dpa/ddp

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