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Streit um Opel: Es geht nicht nur um Rüsselsheim

Was hinter dem Schlagabtausch zwischen Roland Koch und Karl-Theodor zu Guttenberg steckt.

Von Robert Birnbaum

Berlin – Der Koch, sagt einer aus der CSU-Führung, der Koch braucht sich in Bayern jetzt schon gar nicht mehr blicken zu lassen: „Den CSU-Verband möcht’ ich sehen, der den als Redner im Bundestagswahlkampf anfordert!“ Roland Koch zählt als bekennender Konservativer eigentlich zu den natürlichen Verbündeten der Christsozialen. Aber seit der Hesse andauernd nicht so will wie die jeweiligen Regierenden in München, muss er damit rechnen, an der Main- Grenze ungnädig empfangen zu werden. Was ihm aber vielleicht ganz recht ist.

Das Zerwürfnis stammt aus der kurzlebigen CSU-Ära Huber/Beckstein. Als der damalige CSU-Chef Erwin Huber mit einem Steuerkonzept in den Landtagswahlkampf zog, dessen Clou die Rückkehr zur Pendlerpauschale sein sollte, positionierte sich Koch als Gegner. Dass er das in einem Aufsatz gemeinsam mit Peer Steinbrück tat, trug ihm in München bei manchem blanken Hass ein.

Jetzt, im Streit um Opel, ist Koch aus christsozialer Sicht erneut der Buhmann. Der Hesse war es, der schon vorher eine Insolvenz für völlig unverantwortlich und Magna zum besten Bieter erklärt hatte. Der Hesse war es auch, der in der Nacht zu Samstag im Kanzleramt vor aller Ohren den neuen CSU-Star Karl-Theodor zu Guttenberg mit einer präzise vorbereiteten Aufzählung der Gründe gegen eine Opel-Insolvenz abkanzelte.

Diesmal war Koch in die Rolle des Gegenspielers nicht völlig aus freien Stücken geraten. „Als Landeschef musste er natürlich ein Interesse daran haben, Rüsselsheim so unbeschadet wie möglich zu lassen“, sagt ein CDU-Mann halb entschuldigend. Andere lästern hinter vorgehaltener Hand, Guttenberg habe sich seine ordnungspolitische Prinzipientreue ja auch bloß leisten können, weil es nicht um BMW ging.

Nun könnten diese hessisch-bayerischen Rangeleien als Randnotiz der Zeitgeschichte unbeachtet bleiben, hätten nicht viele Beobachter in- und außerhalb der C-Parteien den Eindruck, es gehe insgeheim um mehr. Koch galt lange Zeit als der Stärkste aus der Jungensbande, die sich von der Newcomerin Angela Merkel um das Erbe Helmut Kohls betrogen sah. Die durch seinen Brutal-Wahlkampf selbst verschuldete Wahlniederlage Anfang 2008 hat Koch viel vom Nimbus der Nummer zwei gekostet. Ein Jahr später schnitt er gegen die schwer Ypsilanti-geschädigte SPD nicht besser ab. Seither finden sogar Wohlmeinende in der eigenen Partei, der Roland brauche bald mal was Neues. Ministerpräsident in Wiesbaden zu bleiben biete jedenfalls keine Perspektive.

Das Problem ist nur: Was dann? Vom nächsten EU-Kommissar wurde gemunkelt – doch da wird gerade eher der Name Friedrich Merz durch die Gerüchteküche getrieben. Über eine informelle Rolle in Merkels Wahlkampfkonzept wurde gemutmaßt. In der Tat gab es Hinweise, dass Koch sich jedenfalls nicht dagegen sträuben würde, als Oberökonom der Union zu reüssieren.

Dann kam Guttenberg ins Amt. Auch wenn beide das abstreiten würden, besteht seither ein latentes Konkurrenzverhältnis. Den ersten Schlagabtausch hat Koch in der Sache gewonnen, und das ganz im Sinne seiner Kanzlerin. Die muss jetzt Guttenberg stützen, schon damit es nicht heißt, sie stütze ihn nicht. Aber ob sich der adelige Franke, als er in der Opel-Nacht zum ultimativen Mittel Rücktrittsdrohung griff, eher als Held aller Prinzipientreuen oder eher doch als Risiko erwiesen und geschwächt hat, das ist längst nicht ausgemacht.

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