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Verrannt. Der Vorstoß von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, den Kauf von Steuerdaten-CDs zu bestrafen, findet keine Anhänger.

© dapd

Streit um Steuer-CDs: FDP-Spitze geht auf Distanz zur eigenen Ministerin

Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger will den Ankauf von Steuer-CDs unter Strafe stellen. Doch nicht einmal ihre eigene Partei unterstützt den Vorstoß der FDP-Politikerin.

Von
  • Hans Monath
  • Antje Sirleschtov

Die ohnehin angeschlagene FDP als Schutzmacht deutscher Steuerhinterzieher? Und das kurz vor dem wichtigen Wahljahr 2013? Man muss kein böswilliger politischer Gegner der Liberalen sein, um den jüngsten Vorstoß von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger genau so zu verstehen. Leutheusser-Schnarrenberger ist nicht irgendwer. Sie ist Mitglied des höchsten Parteigremiums der FDP, sie ist Landesvorsitzende der FDP in Bayern. Und sie ist die von der FDP ins schwarz-gelbe Kabinett entsandte Bundesjustizministerin.

In dieser Funktion hatte sich Leutheusser-Schnarrenberger am Wochenende für ein Gesetz stark gemacht, das den Ankauf von CDs mit Daten deutscher Steuerflüchtlinge unter Strafe stellt. Als „Hehlerei“ hatte die Ministerin bezeichnet, was seit geraumer Zeit deutsche Finanzbehörden tun, um jenen auf die Schliche zu kommen, die ihr Geld heimlich ins Ausland, vor allem in die Schweiz, transferieren. Ohne zuvor ihrer Steuerpflicht nachzukommen, versteht sich.

Den FDP-Oberen, die sich am Montag zum ersten Mal nach der parlamentarischen Sommerpause wieder zu ihrer montäglichen Gremiensitzung in Berlin zusammenfanden, standen die negativen politischen Folgen der Gesetzespläne ihrer Ministerin für die gesamte Partei unmittelbar vor Augen: Unweigerlich würde durch solche Aktionen der Verdacht genährt, bei den Liberalen handele es sich nicht nur um die Interessenvertreter von Hoteliers, sondern auch von allen Zeitgenossen, die ihr Einkommen am Finanzamt vorbeimogeln.

FDP gleich Halunke – diesen Verdacht musste die FDP-Führung sofort ausräumen. Mit „großer Mehrheit“, stellte ihr Generalsekretär Patrick Döring nach der Sitzung fest, habe man sich gegen die Strafpläne der eigenen Ministerin ausgesprochen. Nicht an einen einzigen Unterstützer für Leutheusser-Schnarrenberger wollte sich Döring erinnern. Der Parteivorsitzende Philipp Rösler werde zudem mit der Ministerin über den Alleingang, von dem er ganz offensichtlich auch erst aus den Zeitungen erfahren hatte, sprechen. Sie selbst nämlich war am Montag zur Gremiensitzung nicht erschienen und hatte auch niemanden entsandt, der ihren Vorstoß hätte erklären oder verteidigen können. „

Wir wollen, dass das Steuerabkommen mit der Schweiz in Kraft tritt“, fasste Döring die Meinung der FDP zusammen. Das ausgehandelte Abkommen biete die Grundlage für eine rechtsstaatlich saubere Lösung, da darin die Regeln für alle Steuerpflichtigen, Steuerbehörden und die Regierungen enthalten seien. Erst wenn endgültig klar sei, dass das Abkommen aus Wahlkampfgründen an der SPD scheitere, könne man über weitere gesetzgeberische Maßnahmen diskutieren, sagte Döring. Die innerparteiliche Klatsche für Leutheusser-Schnarrenberger konnte nicht lauter hallen.

Hannelore Kraft: Die FDP muss sich entscheiden

Auch aus dem Kabinett hagelte es sofort Widerspruch. Einen „Nebenkriegsschauplatz“ nannte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Idee seiner Kollegin. Durch das Abkommen mit der Schweiz, das Anfang 2013 in Kraft treten soll, seien die deutschen Behörden nicht mehr auf die Zusammenarbeit mit Kriminellen angewiesen. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ ihren Sprecher ausrichten, sie sehe das genauso wie Schäuble.

Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) kritisierte den Vorstoß der Bundesjustizministerin scharf und forderte die FDP auf, sich zu entscheiden. „Steht sie an der Seite der Steuerehrlichen, oder steht sie an der Seite der Betrüger“, sagte die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende am Montag in Berlin. „Wir reden hier nicht über Kavaliersdelikte, wir reden hier über Verbrechen“, fügte sie hinzu. Der Justizministerin gehe es nur darum, eine bestimmte Klientel zu schützen. „Die Frage der Verfolgung von Steuersündern ist eine Frage von fundamentaler Gerechtigkeit“, sagte Kraft, deren Bundesland den Kampf gegen Steuerhinterzieher verschärft.

Kraft wies zudem Kritik von Schäuble am Verhalten ihrer Landesregierung zurück. Der Bundesfinanzminister hatte vor zwei Wochen im Interview mit dem Tagesspiegel die Vermutung geäußert, entgegen Medienberichten über den Ankauf neuer Steuer-CDs durch Nordrhein-Westfalen könne es sich um längst bekannte Altfälle handeln. Der Finanzminister sagte, Nordrhein-Westfalen habe das Bundesfinanzministerium und die Länderfinanzminister nicht über den Ankauf neuer Datenträger oder Überlegungen zum Ankauf dieser Daten unterrichtet, wie das gute Praxis sei. Auf die Frage, ob die Düsseldorfer Behörden in jedem Fall Informationen über neue CD-Angebote an Bund und Länder weitergäben, sagte die Ministerpräsidentin: „Das ist bisher immer so erfolgt.“ Indirekt bestätigte sie damit die Vermutung Schäubles, dass es sich um Altfälle handele.

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