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Ein Tornado der Bundeswehr steht nachts im Zelt auf der Air Base Incirlik.

© Thorsten Weber/Bundeswehr/dpa

Streit umd Luftwaffenbasis Incirlik: Kein Nato-Gipfel in der Türkei

Deutschland und Frankreich haben nach einem Zeitungsbericht verhindert, dass der nächste Nato-Gipfel in der Türkei stattfindet. Damit eskaliert der Streit um die deutschen Besuchsrechte auf der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik.

Von Robert Birnbaum

Der Streit um die türkische Luftwaffenbasis Incirlik weitet sich zum Belastungstest für die Nato wie für die Berliner Koalition aus. Wie die Zeitung „Die Welt“ zuerst berichtete, wollen Deutschland und ein Großteil seiner europäischen Partner dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan den Wunsch abschlagen, 2018 den Nato-Gipfel in der Türkei auszurichten. Hintergrund ist das zunehmend autokratische Gebaren Erdogans, aber auch sein Versuch, die Nato-Mitgliedschaft als politisches Erpressungsinstrument zu missbrauchen.

Zur Zeit blockiert ein Veto aus Ankara die Teilnahme Österreichs an gemeinsamen Übungen der Allianz. Der Einspruch ist eine Reaktion auf die harte Kritik der Wiener Regierung an Erdogan. Man wolle dem türkischen Präsidenten in dieser angespannten Situation nicht auch noch die Gelegenheit bieten, sich als Gipfel-Gastgeber zu inszenieren, hieß es in Brüssel. Die Entscheidung sollen die Nato-Verteidigungsminister bei ihrem Treffen im Juni fällen; als Ausweichort bietet sich das neue Nato-Hauptquartier in Brüssel an, in dem gerade auch der jüngste Gipfel stattgefunden hat.

Aus dem Streit über das Besuchsverbot für Bundestagsabgeordnete auf der Nato-Basis Incirlik hält sich die Allianz bisher heraus, obwohl sie als Bündnis inzwischen Teil der Koalition gegen die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ ist. In dieser Frage könnte am Pfingstmontag eine Vorentscheidung fallen, wenn Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) seinen Kollegen Mevlüt Cavusoglu besucht. Der bekräftigte am Mittwoch, dass Parlamentarier-Besuche in Incirlik „derzeit unmöglich“ seien und stellte Abhilfe erst nach nicht näher erläuterten „positiven Schritten“ der Deutschen in Aussicht. Die türkische Regierung will offenbar erzwingen, dass Deutschland türkischen Soldaten und Diplomaten kein Asyl mehr gewährt.

Die SPD drang weiter auf eine rasche Entscheidung in Berlin, die Bundeswehr von Incirlik an einen Standort außerhalb der Türkei zu verlegen. „Unsere Verfassung ist nicht verhandelbar“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann der ARD. Die Bundeswehr sei eine Parlamentsarmee, Abgeordnete müssten deshalb jederzeit freien Zugang zu ihren Soldaten haben.

Die SPD-Fraktion hatte am Dienstag einstimmig die Bundesregierung aufgefordert, sofort einen Verlegebeschluss vorzulegen, mit dem Vollzug allerdings noch zu warten, bis Gabriel aus Ankara zurückkehrt. Die Union plädierte umgekehrt dafür, erst Gabriels Mission abzuwarten und dann auf der Grundlage seiner Gespräche einen Kabinettsbeschluss zu fällen.

Das Verteidigungsministerium hatte schon aus Anlass der letzten Querelen um Politikerbesuche in Incirlik im vorigen Jahr auf Bitten des Verteidigungsausschusses nach Alternativstandorten für die deutschen Tornado-Flugzeuge gesucht, die mit ihrer Luftbildaufklärung den Kampf der Koalition gegen die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ unterstützen. Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte vorige Woche den favorisierten Flughafen in Jordanien besichtigt. Die komplette Verlegung würde nach Auskunft des Ministeriums etwa zwei Monate Zeit beanspruchen. Unklar geblieben ist bisher, ob überhaupt und wie lange die deutschen Tornados in dieser Zeit für den Anti-IS-Aufklärungseinsatz ausfallen würden.

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