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Mit Stacheldraht umzäunt ist die Stellung der Bundeswehr Patriot Abwehrstaffel im südtürkischen Kahramanmaras.

© dpa

Streit zwischen türkischen und deutschen Soldaten: Türkei weist Vorwürfe zurück

Zwischen deutschen und türkischen Soldaten soll es bei dem gemeinsamen Einsatz an der Grenze zu Syrien zu Reibereien gekommen sein. Wo liegen die Probleme in der Zusammenarbeit?

Eigentlich sind Deutschlands Soldaten an die Arbeit mit ausländischen Militärkollegen gewöhnt. Die Streitkräfte unterschiedlicher Nationen kooperieren regelmäßig bei Einsätzen in Übersee, wie etwa in Afghanistan oder in Mali. Zudem kommen die Heere, Marinen, und Luftwaffen aller Herren Länder mehrmals im Jahr zu sogenannten Übungen zusammen, um auf den „Ernstfall“, einen gemeinsamen Einsatz, vorbereitet zu sein. Dabei müssen unter anderem Sprachbarrieren überwunden und die technische Ausstattung aufeinander abgestimmt werden.

Das deutsche Heer beispielsweise nimmt pro Jahr durchschnittlich an 20 bis 30 Übungen rund um den Globus teil – wobei die entsendete Teilnehmerzahl von zwei bis drei Soldaten bis zur Bataillonsstärke (rund 200-300 Männer und Frauen) variiert. Im September etwa kommen die Streitkräfte verschiedener Länder im Ostseeraum zu einer großen Übung zusammen, bei der es um die strategische Verlegung von Truppen und Material geht. Deutschland beteiligt sich mit rund 500 Soldaten. Übungen wie diese schütteln die Planer keinesfalls aus dem Ärmel: Sie werden bei großen Koordinierungskonferenzen oft Jahre im Voraus geplant.

Die militärische Kooperation verschiedener Nationen gehört also zumindest für Deutschlands Soldaten zum Alltag und bislang – so hört man unisono aus Verteidigungskreisen – hat diese Zusammenarbeit auch bestens funktioniert. Offenbar auch deswegen, weil sich die Beteiligten an die dafür vorgegebenen Regeln gehalten haben. Auf Nato-Ebene finden sie sich im Truppenstatut: Dort ist der Umgang miteinander beim gemeinsamen Arbeiten festgeschrieben.

Dass es nun im Rahmen des deutschen Patriot-Einsatzes im türkischem Kahramanmaras, auf Nato-Boden also, zu Reibereien zwischen Bundeswehrsoldaten und einheimischen Militärs gekommen ist, erklärt sich der Wehrbeauftragte der Bundesregierung, Hellmut Königshaus (FDP) so: „Entweder, es gibt eine unterschiedliche Auslegung der Verhaltensregeln, oder die Beteiligten haben darüber nicht gesprochen.“ Offenbar habe es im Vorfeld des Einsatzes keine ausreichende Abstimmung zwischen Deutschland und der Türkei darüber gegeben, was die Deutschen auf dem Gebiet einer türkischen Liegenschaft dürften und was nicht.

Die Bundeswehr betreibt in der Türkei keine eigenes Feldlager, wie anderen Auslandseinsätzen üblich. Sie nutzt, soweit vorhanden, der Infrastuktur der türkischen Kollegen – doch die lässt angeblich zu wünschen übrig. Neben verschmutzten Toiletten, einem Ausgangsverbot für die deutschen Soldaten und fehlender Internetverbindung beklagt der Wehrbeauftragte auch den Mangel einer Truppenküche.

Die Türkei weist die Vorwürfe zurück.

Der Gastgeber Türkei will die Vorwürfe aus Deutschland nicht auf sich sitzen lassen. In einer zweiseitigen Erklärung sprach der türkische Generalstab von haltlosen Behauptungen. Ihre Toiletten müssten die Bundeswehrsoldaten schon selber putzen, stellte die Armeeführung in Ankara klar. Trotz frühlingshaft steigender Temperaturen mit bis zu 15 Grad diese Woche in Kahramanmaras bleibt das Verhältnis zwischen Türken und Deutschen kühl. Und das bei einem Einsatz, dessen Sinn vor allem darin liegt, den Türken ein konkretes Beispiel für die Freundschaft und Solidarität der Nato-Partner zu geben.

Am Montag war das deutsche Kontingent in der Türkei um Schadensbegrenzung bemüht. Kommandeur Marcus Ellermann sagte dem Tagesspiegel, er warne davor, bei der Einschätzung der vorhandenen Probleme zu übertreiben. „Über allem sollte der Geist des gemeinsamen Einsatzes stehen, und dann sind wir auf einem guten Weg“. Dass die Türken sauer sind, bestreitet auch Ellermann nicht. Er hat teilweise sogar Verständnis dafür: So habe die türkische Seite in Rekordzeit die Unterkünfte für die deutschen Soldaten fertiggestellt – „das wäre in Deutschland nicht möglich gewesen“. Doch er selbst könne die fertigen Gebäude nicht offiziell übernehmen, ohne dass Experten aus Deutschland die Bauten begutachtet hätten. Diese deutschen Vorschriften seien für die türkischen Soldaten nach all der geleisteten Arbeit an den Unterkünften nur schwer nachvollziehbar.

Mit Befremden hatte die türkische Presse am Wochenende über die Kritik von Königshaus berichtet. „Die deutschen Patriot-Soldaten fühlen sich nicht wohl“, titelten die Zeitungen mit Verweis auf die Klagen über den schlechten Zustand der sanitären Anlagen, über eine Art Kontaktverbot für türkische Soldaten im Umgang mit den deutschen Gästen und über einen tätlichen Angriff eines türkischen Generals auf eine deutsche Feldjägerin. Das konnte der Generalstab in Ankara nicht so stehen lassen. Den tätlichen Angriff habe es nie gegeben, erklärten die Generäle in Ankara. Die Reinhaltung der Toiletten sei Sache der Deutschen, die inzwischen eine zivile Reinigungsfirma beauftragt hätten. Penibel zählte der Generalstab die Zahl der Toiletten auf, die den deutschen Nato-Partner bereits seit Ende Februar zur Verfügung stünden: Es sind 45.

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