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Streit zwischen Union und Kirche: Um was geht es eigentlich beim Kirchenasyl?

Immer wieder finden Menschen in Deutschland Aufnahme unter dem Dach der Kirche. Nun hat der Bundesinnenminister das sogenannte Kirchenasyl scharf kritisiert. Warum ist es so umstritten?

Thomas de Maizière hat die Kirchen scharf kritisiert. Laut „Spiegel“ sagte der Bundesinnenminister bei einer CDU-Präsidiumssitzung, als Verfassungsminister lehne er „das Kirchenasyl prinzipiell und fundamental ab“. Für Aufnahmen unter dem Gesichtspunkt des Erbarmens habe er als Christ „in Einzelfällen“ Verständnis. Doch es gehe nicht, dass sich die Kirchen eigenmächtig über bestehende Gesetze hinwegsetzten. De Maizière äußerte sich damit zu einer Debatte, die zu Weihnachten bereits der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer anzustoßen versuchte. Kirchenasyle sind in Deutschland besonders den Ausländerbehörden schon lange ein Dorn im Auge. Kritiker allerdings erwidern, dass es sich bei dem Vorstoß der Union um reine Symbolpolitik gegen ein nicht vorhandenes Problem handelt.

Tatsächlich ist die Anzahl der Menschen in Kirchenasyl – auch wenn sie in den vergangenen Monaten angestiegen ist – im Vergleich zu den insgesamt gestellten Asylanträgen verschwindend gering. Rund 200000 Menschen suchten im Jahr 2014 Schutz in Deutschland. Davon wurden rund zwei Drittel abgelehnt. In Kirchenasyl befinden sich aber aktuell nach Aussagen der Organisation „Asyl in der Kirche“ nur 359 Menschen, davon sind 109 Kinder.

Es gibt für diese Form des kirchlichen Schutzes tatsächlich keine gesetzliche Grundlage, sondern nur die Tradition, dass Behörden kirchliche Schutzräume respektieren. Wohl auch, weil versuchte Kirchenstürmungen negative Presse garantieren.

Kirchenasyle sind auch für die Gemeinden, die Menschen aufnehmen, keine einfache Angelegenheit. Beide Kirchen betonen, dass es nie darum gehe, einen rechtsfreien Raum zu schaffen. Bereits 1997 erklärten sie, wer sich auf diese Weise für Flüchtlinge einsetze, müsse mögliche juristische Konsequenzen tragen. Trotzdem wolle man Menschen in Extremfällen schützen, um Zeit für eine erneute Prüfung schaffen zu können.

Die Unterbringung in den Kirchenräumen wird meist durch Spenden finanziert, da die Gemeinden die Versorgung ganzer Familien über Wochen und Monate oft nicht gewährleisten können. Meist werden Menschen aufgenommen, deren Asylersuchen abgelehnt wurde, bei denen die Kirchen aber bei einer erneuten Prüfung gute Chancen auf Anerkennung sehen. In den vergangenen Monaten stieg die Zahl der Fälle, die nach den Dubliner Abkommen II und III eigentlich in anderen EU-Ländern geprüft werden müssten. Das betrifft derzeit 169 der 200 Kirchenasyl-Fälle. Die Menschen gelten nach einer neuen Definition des Bundesamts für Flüchtlinge als „flüchtig“.

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