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Politik: Stresstest für vier Länder

Stabilitätsrat sieht Haushaltslage in Berlin, Bremen, dem Saarland und Schleswig-Holstein mit Sorge

Berlin - Für Ulrich Nußbaum ist der weitere Weg klar: Ausgaben mindern, Subventionen begrenzen, Einnahmen erhöhen. Dem Senat bleibt nach dem Warnsignal des Stabilitätsrats, dass Berlin auf eine Haushaltsnotlage zusteuert, wohl nichts anderes übrig, als weiter zu konsolidieren. Seinen Auftritt im Bundesrat nutzte der Finanzsenator daher am Freitag, um an die Bundesregierung zu appellieren, auf eine Politik zu Lasten der Länder und Kommunen zu verzichten. „Die Zinslasten von Bund und Ländern steigen stärker als alle Ausgaben mit Ausnahme der Sozialkosten“, mahnte der parteilose Politiker. Die Zinsen hätten in einigen Ländern und beim Bund mittlerweile ein Ausmaß angenommen, „in dem sie spürbar Leistungsverbesserungen oder der Verbesserung der lokalen Infrastruktur entgegenstehen“.

Berlin, Schleswig-Holstein, das Saarland und Bremen werden nun bis Mai 2011 vom Stabilitätsrat genauer unter die Lupe genommen, eine Art Stresstest mit Blick darauf, ob diese vier hoch verschuldeten Länder die Vorgaben der Schuldenbremse im Grundgesetz einhalten können. Von den Ländern wird verlangt, dass sie ab 2019 praktisch ohne Neuverschuldung auskommen. Sollte der Stabilitätsrat, der den Erfolg der Schuldenbremse sicherstellen soll und in dem die Finanzminister von Bund und Ländern sitzen, in einem halben Jahr zu dem Schluss kommen, dass Berlin nicht in der Lage ist, dies zu stemmen, darf er dem Senat ein Sanierungsprogramm auferlegen, das bis zu fünf Jahre laufen kann. Einen „Sparkommissar“ von außen werde es aber nicht geben, stellte Nussbaum klar.

Immerhin: In Berlin (und SchleswigHolstein) sieht es nicht so düster aus wie in Bremen und im Saarland, die seit Jahren schon Sonderhilfen des Bundes gegen die Überschuldung bekommen. In der Hauptstadt deuten „nur“ die aktuellen Haushaltsdaten auf eine mögliche Notlage hin, nicht aber die Zahlen zur mittelfristigen Haushaltsentwicklung. Nach der Finanzplanung kommt die Hauptstadt in den nächsten Jahren unter die vom Stabilitätsrat festgelegten Schwellenwerte – außer beim immens hohen Schuldenstand, der nach den Prognosen bis 2014 nochmals um etwa 3000 Euro auf dann 20357 Euro je Einwohner wachsen wird. Im aktuellen Etat kann Berlin drei von vier Richtgrößen nicht einhalten: Die Kreditfinanzierung ist zu hoch, das Verhältnis von Zinszahlungen und Steuereinnahmen ist ungesund, der Schuldenstand liegt über dem zugestandenen Limit. Die Zahlen zur mittelfristigen Entwicklung liegen nur knapp unter den Schwellenwerten, die auf eine drohende Überschuldung hinweisen.

Möglicherweise lohnt sich für die Berliner Politik der Blick nach Magdeburg. Denn Sachsen-Anhalt, das lange ebenfalls als potenzielles Notlagenland galt, gehört nicht mehr zu den Akutpatienten. Noch 2009 wurde dem Land – wie den nun mit einem „blauen Brief“ bedachten vier Ländern – eine Konsolidierungshilfe des Bundes und der anderen Länder zugestanden, um die Schuldengrenze einhalten zu können. Die Sparpolitik der schwarz-roten Landesregierung scheint jedoch mittlerweile zu greifen.

Werner Gatzer, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und Vertreter des erkrankten Ministers Wolfgang Schäuble, sagte zwar, angesichts der unerwartet guten Wirtschaftsentwicklung sei die Lage „nicht ganz so schlimm“ wie befürchtet. Doch seien die Staatsfinanzen nach wie vor nicht in Ordnung. Während beim Bund einige Haushaltsdaten (nicht zuletzt die Kreditfinanzierung 2010 und 2011) über dem Erlaubten liegen, deutet der Bericht des Stabilitätsrats bei einigen Ländern auf eine relativ solide Entwicklung hin. Das ist vor allem beim Musterknaben Sachsen der Fall, wo derzeit nur 2374 Euro an Schulden auf jedem Landeskind lasten. Auch die Kennziffern für Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen liegen unterhalb der Grenzwerte.

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