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Politik: Strohmann für Scharon

Israels neuer Außenminister Schalom hat kaum Erfahrung

Silvan Schalom musste wegen seiner schlechten Bilanz zwar das israelische Finanzministerium räumen. Weil Ministerpräsident Ariel Scharon den einzigen prominenten Sefarden seiner Regierung aber nicht vom Kabinettstisch verbannen konnte, ist Schalom jetzt Außenminister. Die eigentliche Außenpolitik wird aber vermutlich nicht er, sondern Scharon betreiben.

Der 44-jährige Schalom, ein in Tunesien geborener Ökonom, besitzt praktisch keine außenpolitische Erfahrung, gilt aber als gemäßigter als sein Vorgänger Benjamin Netanjahu. Allerdings hat er sich bisher auch nicht umfangreich zu außenpolitischen Themen geäußert, sondern ist loyal Scharons Konfrontationskurs gegenüber den Palästinensern gefolgt. Mit zwei Ausnahmen: Schalom wehrte sich zum einen gegen die Überweisung von Millionensummen an die Palästinenserbehörde, die Israel für die Palästinenser insbesondere an Zöllen eingetrieben und dann blockiert hatte. Zum anderen war Schalom praktisch der erste Minister, der die Ausweisung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat ins erneute Exil mit Nachdruck forderte und seither immer wieder vorbringt. Unter Scharon und Schalom wird es deshalb vermutlich keine Verhandlungen mit Arafat geben. Und falls doch, stellte Scharon kurz nach seinem Amtsantritt klar, werde nur er die Verhandlungsführung übernehmen, nicht sein Außenminister. Zudem hat er die wichtigsten Elemente der Außenpolitik zur Chefsache erklärt, die Beziehungen zu den Palästinensern und die zu den USA.

Während Scharon in den vergangenen Wochen zahlreiche Kontakte mit der palästinensischen Seite aufbaute und mehrere Minister schon seit längerem insgeheim mit der palästinensischen Führung sprechen, ist von Schalom in dieser Hinsicht nichts bekannt. Was seine bisherige Rolle in den Beziehungen zu den USA angeht, meldete ein israelischer Fernsehsender, der wahre Grund für die Ablösung Schaloms als gescheiterter Finanzminister sei in Washington zu suchen. Die amerikanische Regierung habe Scharon wissen lassen, dass, solange Schalom Finanzminister sei, Israel die vier Milliarden Dollar Finanzhilfe und die Kreditgarantien über acht Milliarden Dollar – um die Jerusalem nachgesucht hat – nicht bekommen würde. Man traute Schalom offensichtlich nicht viel zu und auch nicht über den Weg.

Charles Landsmann[Tel Aviv]

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