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Politik: Struck: In Zukunft mehr Kampfeinsätze

Verteidigungsminister Peter Struck hat sich während des Festaktes zum 50. Jahrestag der Bundeswehr in Berlin sehr klar über künftige Kampfeinsätze der deutschen Soldaten geäußert. Man werde künftig "harte kriegerische Mittel" anwenden müssen.(07.06.2005, 15:22 Uhr)

Berlin - Sie sind keine hoch dekorierten Generale und keine berühmten Widerstandskämpfer. Die vier Soldaten, an die Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) am Dienstag beim Festakt zum 50-jährigen Bestehen der Bundeswehr erinnert, sind Oberfähnrich Andreas Beljo, Oberfeldwebel Carsten Kühlmorgen, Feldwebel Helmi Jiminez-Paradis und Stabsunteroffizier Jörg Baasch. Sie starben am 7. Juni vor zwei Jahren bei einem Terroranschlag in Kabul unmittelbar vor ihrer Heimreise nach Deutschland. Auch das ist Bundeswehr.

Die jungen Männer hatten geschworen, dem Vaterland tapfer zu dienen, und kamen bei der «Landesverteidigung am Hindukusch», wie Struck den Auslandseinsatz in Afghanistan nennt, ums Leben. In Deutschland wurde damals um die Toten getrauert - eine öffentliche Auseinandersetzung mit den veränderten Aufgaben und erhöhten Gefahren der Bundeswehr im 21. Jahrhundert und nach dem Angriff auf die USA am 11. September 2001 gab es nicht. Es mag daran liegen, dass die Männer durch einen hinterhältigen Anschlag, aber nicht im Kampf starben.

Erst zwei Mal hat sich die Bundeswehr bisher an Kampfeinsätzen beteiligt: an den Luftangriffen im Kosovo-Krieg 1999 und mit dem Einsatz des Kommandos Spezialkräfte (KSK) in Afghanistan. In beiden Fällen blieben deutsche Soldaten unversehrt. Viele Male half die Bundeswehr, Frieden in anderen Ländern zu sichern und Demokratie zu stabilisieren. Derzeit sind rund 7500 Soldaten in Auslandseinsätzen - vorwiegend auf dem Balkan und in Afghanistan. Die Landesverteidigung hat 50 Jahre nach Gründung der Armee nicht mehr oberste Priorität.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) betont bei dem Festakt im Historischen Museum in Berlin, deutsche Sicherheitspolitik sei in erster Linie die Vermeidung von Konflikten. «Aber wir übernehmen auch, Seite an Seite mit unseren Partnern in der NATO und in der Europäischen Union, militärische Verantwortung dort, wo das zur Sicherung des Friedens und zum Schutz der Menschen unumgänglich ist.»

Der Katholische Militärbischof Walter Mixa stellt beim Festgottesdienst im prunkvollen Berliner Dom schlicht fest, dass aus der Verteidigungsarmee Bundeswehr nach dem Fall der Mauer sehr schnell eine Armee im Einsatz wurde. Und der Evangelische Militärbischof Peter Krug spricht von einem breiten gesellschaftlichen Konsens, «der etwas Sanftmütiges hat: sich in der eigenen Not zu wehren und anderen in der Not zu helfen.»

Struck spricht zum Jubiläum der Streitkräfte schonungslos: Die Bundeswehr werde sich an Kampfeinsätzen in der ganzen Welt beteiligen - und vermutlich den Tod von Soldaten zu beklagen haben. Und wieder bleibt es still im Land. Der Verteidigungsminister erklärt sich das Schweigen in der Bevölkerung mit den individuellen Sorgen um Hartz IV, um weitere Kürzungen oder Steuererhöhungen.

So mancher Politiker ist verwundert, dass ausgerechnet der Sozialdemokrat Struck, der selbst nie gedient hat und auch nicht im Verdacht steht, als Verteidigungsminister ein glühender Anhänger des Militärs geworden zu sein, von künftig «harten kriegerischen Mitteln» spricht. Die FDP zeigt sich «befremdet» von Strucks «Kriegsrhetorik». Die Grünen halten seine Worte für missverständlich.

Der Jurist und nüchterne Denker Struck aber sagt das alles mit Kalkül. Er will nur klar machen, was die deutsche Beteiligung an den Eingreiftruppen von NATO und EU bedeutet. Die Bundesrepublik sei internationale Verpflichtungen eingegangen und müsse im Konfliktfall Soldaten für Kampfeinsätze zur Verfügung stellen. Struck will jetzt eine Debatte darüber, damit später niemand sagen könne: «Das haben wir nicht gewusst.»

Von Kristina Dunz, dpa (Von Kristina Dunz, dpa)

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