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Studie: Deutsche Türken wollen türkisch bleiben

Fast jeder zweite der in Deutschland lebenden Türken und türkischstämmigen Migranten fühlt sich nicht erwünscht. Bei den Werten gibt es große Übereinstimmung mit den übrigen Befragten – aber nicht beim Familienbild.

Fast die Hälfte der in Deutschland lebenden Türken und türkischstämmigen Migranten fühlt sich in Deutschland unerwünscht, 42 Prozent planen sogar eine Rückkehr in die Türkei. Das ist das Ergebnis einer am Donnerstag in Berlin vorgestellten Studie, für die 331 Türken in Deutschland befragt wurden. Diese stünden zudem „fest zu ihren kulturellen und religiösen Wurzeln und den türkischen Wertewelten“, schreiben die Autoren der Studie. Die ehemalige Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU), die die Studie mit vorstellte, rief dazu auf, den Wunsch nach Bewahrung der eigenen Kultur zu respektieren.

Bei den jungen Migranten ist der Wunsch, in die Türkei zu gehen, sogar ausgeprägter als bei den älteren. Dieses Ergebnis mache besonders nachdenklich, sagte Kenan Kolat, Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, dem Tagesspiegel. „Es ist fatal, wenn Jugendliche, die hier geboren sind und die wir hier ausgebildet haben, unser Land wieder verlassen wollen.“ Den Grund dafür sieht Kolat in einer „unterschwelligen Diskriminierung“, die viele Türken in Deutschland erlebten. „Antitürkische Ressentiments haben in den vergangenen Jahren zugenommen“, sagte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde. Wenn so viele Menschen sich in Deutschland nicht angenommen fühlten, müsse dringend etwas getan werden. Insgesamt 82 Prozent der Befragten sind der Auffassung, dass die deutsche Gesellschaft stärker auf die Gewohnheiten und Besonderheiten der türkischen Einwanderer Rücksicht nehmen sollte.

Die Studie, für die die Meinungsforschungsinstitute Info GmbH und Liljeberg Research International zum Vergleich auch jeweils mehr als 300 Deutsche sowie Türken in der Türkei befragten, zeichnet ein differenziertes Bild der Migranten: Ihnen sind Werte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit oder Respekt vor anderen Religionen und Kulturen genauso wichtig wie den befragten Deutschen. Dagegen haben der Glaube an Gott sowie die Tradition bei ihnen einen weitaus höheren Stellenwert. Außerdem haben sie ein stärker ausgeprägtes Vertrauen in deutsche Institutionen als die Deutschen selbst. „Die Studie zeigt, dass die Türken in Deutschland angekommen sind und sich langsam an die Werte dieses Landes angenähert haben“, betonte Kolat. „Wir brauchen ein neues Bild von der türkischen Minderheit.“

Die Meinungsforscher verzeichnen aber „dramatische Unterschiede“ beim Rollenverständnis in der Familie und der Einstellung zur sexuellen Freiheit. So lehnen 47 Prozent der Türken in Deutschland ein Zusammenleben von Mann und Frau vor der Ehe ab, bei den Deutschen sind es nur acht Prozent, in der Türkei liegt die Ablehnung bei 67 Prozent. Weniger Toleranz zeigen die Migranten auch bei homosexuellen Beziehungen.

Fast zwei Drittel der Befragten sehen sich „zwischen den Welten“, wie die Autoren der Studie schreiben: Sie fühlen sich in Deutschland als Türken und in der Türkei als Deutsche. 38 Prozent empfinden beide Länder als ihre Heimat, für 37 Prozent ist eher die Türkei Heimat, Deutschland dagegen nur für jeden Fünften.

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