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Studie: Trugschlüsse bei der Migration

Eine Studie widerspricht der Integrationspolitik westlicher Staaten: So sei es etwa ein "Trugschluss", dass hoch qualifizierte Einwanderer leichter zu integrieren sind als weniger gebildete. Zudem habe sich die arbeitsmarktorientierte Einwanderungspolitik als unwirksam erwiesen.

Berlin - Gehirnchirurgen aus Russland, die in Europa als Taxifahrer arbeiten – das darf nicht länger sein. So lautet die Bilanz von sechs internationalen Wissenschaftlern, die als „Transatlantic Academy“ die Migrationspolitik in Europa und den USA analysiert haben. Mit überraschenden Ergebnissen: Die Handlungsanweisungen der renommierten Forscher widersprechen den langjährigen Annahmen der Politik grundlegend. So sei es etwa ein „Trugschluss“, dass hoch qualifizierte Einwanderer leichter zu integrieren sind als weniger gebildete. Zudem habe sich die arbeitsmarktorientierte Einwanderungspolitik als unwirksam erwiesen, die gut ausgebildete Menschen anhand von Kriterien auslesen sollte.

Ein zentrales Problem von Deutschland, England, Frankreich, Irland, Kanada und den USA ist demnach, dass sie sich nach wie vor „einen hohen brain waste leisten“ - eine Verschwendung von qualifizierten Arbeitskräften. Viel zu oft würden Zeugnisse und Abschlüsse von ausländischen Akademikern nicht anerkannt, heißt es in dem Papier, dass diese Woche im Bundeskanzleramt vorgelegt wurde. In den westeuropäischen Ländern sei es für hoch qualifizierte Ausländer schwer, an Elitejobs und in Netzwerke zu kommen. Viele bleiben aus der Mehrheitsgesellschaft ausgeschlossen, Migranten werden auf dem Arbeitsmarkt oft diskriminiert.

Gleichzeitig versuchen alle Nationen, die „besten Köpfe“ zu sich zu holen. Doch während jenseits des Atlantik seit vielen Jahrzehnten um hoch qualifizierte Einwanderer geworben wird, haben europäische Länder wie Deutschland die meiste Zeit nach gering qualifizierten Arbeitern für ihre Industriezweige gefragt und es nicht geschafft, deren Nachkommen zu integrieren. Dabei fällt die Bilanz für Deutschland besonders negativ aus: Nur 15,5 Prozent der Ausländer haben hier einen Hochschulabschluss - Deutschland steht an letzter Stelle der untersuchten sechs Länder.

Anhand von Deutschland lasse sich außerdem belegen, dass eine vorrangig am Arbeitsmarkt orientierte Einwanderungspolitik nicht funktioniert. Das von Gerhard Schröder im Jahr 2000 eingeführte „Sofortprogramm zur Deckung des IT-Fachkräftebedarfs“, auch bekannt als Green-Card-Initiative, hatte beispielsweise keinen Erfolg. Die auf fünf Jahre befristete Aufenthaltsbewilligung wurde kaum vergeben, viele der begehrten indischen Fachkräfte zogen in die USA, wo sie sich leichter und dauerhaft niederlassen konnten. Auch das neue Einwanderungsgesetz von 2004, dass zum ersten Mal ausländische Fachkräfte und Unternehmer mit Kapital dauerhaft in die Bundesrepublik einlassen sollte, hat mit seinen hohen Auflagen eher abschreckend gewirkt. Nur 300 Menschen sind zwischen 2005 und 2007 als Hochqualifizierte eingewandert. 

Ferda Ataman

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