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Flüchtlinge (hier in Schneeberg) benötigen unter anderem Hilfe bei Behördengängen. Immer mehr Deutsche unterstützen sie, wie eine Studie herausfand.

© dpa

Studie über ehrenamtliche Helfer: Mehr Deutsche unterstützen Flüchtlinge

In den letzten Jahren haben sich in Deutschland 70 Prozent mehr Menschen ehrenamtlich für Flüchtlinge engagiert. Diese Helfer sind meist weiblich, wohlhabend und gebildet, wie eine neue Studie feststellt.

Wer in Deutschland Flüchtlingen hilft, ist meist weiblich, wohlhabend und gebildet. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM). "Die Ergebnisse geben vorläufige Antworten darauf, wer die Ehrenamtlichen sind, was sie tun, wie sie organisiert sind und was sie antreibt", sagen Serhat Karakayali und Olaf Kleist, die Autoren der BIM-Studie.

Im Rahmen der Untersuchung hatten Karakayali und Kleist Ende vergangenen Jahres 466 Helfer und 70 Hilfsorganisationen nach den Motiven ihres Engagements für Flüchtlinge befragt. Den Ergebnissen zufolge finden sich unter den Helfern mit fast 30 Prozent besonders viele Menschen, die selbst einen Migrationshintergrund haben. Im Bundesdurchschnitt stammt hingegen nur jeder Fünfte aus dem Ausland oder hat Angehörige, die aus dem Ausland stammen. Fast die Hälfte der Ehrenamtlichen gibt darüber hinaus an, nicht religiös zu sein.

Die Zahlen der BIM-Studie geben auch Aufschluss darüber, wie die ehrenamtlichen Helfer ihre Arbeit organisieren: Knapp vierzig Prozent der Freiwilligen koordinieren ihre Hilfe durch lokalen Flüchtlingsinitiativen, weitere 30 Prozent nutzen zur Organisation örtliche Vereine. "Diese Zahlen verweisen darauf, dass sich die etablierten Strukturen der Wohlfahrt aber auch öffentliche Stellen offenbar nicht ausreichend auf die Situation neu ankommender Flüchtlinge eingestellt haben", kritisiert Studien-Autor Karakayali. Hingegen geben die befragten Organisationen an, dass sich in den letzten Jahren durchschnittlich 70 Prozent mehr Menschen ehrenamtlich engagiert hätten. Die Autoren fordern, dass Kirchen, Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände kleinere Initiativen und Projekte bei der Flüchtlingsarbeit in Zukunft stärker unterstützen sollten.

Ein weiteres Problem, dass die Autoren der Studie ausmachen, liegt in der Arbeit der deutschen Behörden: Ihren Ergebnissen zufolge verbringen die Helfer große Teile ihrer Zeit damit, Flüchtlinge bei Behördengängen zu begleiten. "Dadurch, dass Ehrenamtliche Aufgaben übernehmen müssen, die oft durch eine mangelhafte Bereitschaft von Behörden im Umgang mit Flüchtlingen entstehen, wird ein großes zivilgesellschaftliches Potential vergeudet", sagt Kleist, der am Zentrum für Flüchtlingsstudien der Universität Oxford forscht. Deutsche Behörden müssten sich deshalb "stärker auf den Umgang mit Flüchtlingen einrichten, so dass diese auch ohne ehrenamtliche Hilfe ihren Weg durch die Verwaltungen finden können." Die Autoren schlagen deshalb einen staatlich finanzierten Übersetzungsdienst vor, der bei Gesprächen zwischen Flüchtlingen und Behördenmitarbeitern Gespräche am Telefon übersetzen soll.

Den Ergebnissen der Studie zufolge hat vor allem die mediale Berichterstattung über den Bürgerkrieg in Syrien seit 2011 dazu geführt, dass sich mehr Menschen für das Thema Flüchtlinge interessieren und heute als Unterstützer aktiv sind. Ein Gefälle zwischen den Helfern in Ost- und Westdeutschland konnten die Wissenschaftler nicht feststellen.

Paul Middelhoff

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