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Politik: Sturm auf eine Bremer Männerdomäne

Karin Jöns will an die Spitze der Landes-SPD – und muss sich gegen Andreas Bovenschulte durchsetzen

Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen ist eindeutig ein Mann. Keinerlei Zweifel gibt es auch an der Geschlechtszugehörigkeit des scheidenden SPD-Landesvorsitzenden Uwe Beckmeyer. Zur Herrenrunde mit rotem Parteibuch gehören auch der Bürgerschaftspräsident, der SPD-Fraktionschef und die drei Unterbezirkschefs in Bremen und Bremerhaven. Kurz: Die sozialdemokratischen Spitzenpositionen an der Weser sind fest in Männerhand.

Eine Genossin will das jetzt ändern, jedenfalls ein bisschen: Karin Jöns, einfaches Mitglied des Landes- und des Bundesvorstands, fordert für die Bremer Parteispitze eine Geschlechtsumwandlung. Die neue Führungskraft soll heißen: Karin Jöns. Allerdings hat sie einen Gegenkandidaten: Andreas Bovenschulte, männlich.

Gewählt wird am 5. Juni auf einem Landesparteitag. Da die Partei zunehmend eine Liebe zur Basisdemokratie entdeckt hat, lässt sie ihre 4800 Mitglieder am Führungsduell teilhaben. So hat es der Landesvorstand am Wochenende beschlossen. Alle Genossen können sich auf vier Regionalkonferenzen anhören, was Frau Jöns und Herr Bovenschulte zu sagen haben – und anschließend im Versammlungsraum einen Stimmzettel ausfüllen. Das letzte Wort haben zwar die Parteitagsdelegierten, aber die werden sich kaum dem Basisvotum widersetzen, wenn sich mindestens zehn Prozent der Genossen an der Mitgliederbefragung beteiligen.

Für viele wird die Wahl zur Qual, denn politisch unterscheiden sich die Kandidaten wie Ariel und Persil. Jöns möchte einen „Neuanfang“, Bovenschulte einen „Erneuerungsprozess“. Beide wollen näher ran an die Leute, wie man das unter Funktionären so sagt. Beide fordern mehr soziale Gerechtigkeit. Jöns wirkt allerdings nicht ganz so links wie ihr Konkurrent, der die rot-grünen Hartz-Reformen eindeutig als Fehler brandmarkt.

Bleiben noch persönliche Unterschiede – Frau/Mann, älter/jünger (56 zu 44), bekannt/unbekannt. Jöns war immerhin 15 Jahre lang Europaabgeordnete. Bei Bovenschulte dagegen fragten sich viele Genossen zunächst: „Andreas wer?“ Inzwischen wissen sie Näheres über ihn. Er pendelt täglich zu seinem Arbeitsplatz als Vize-Verwaltungschef der Nachbargemeinde Weyhe und kann Menschen für sich einnehmen. Jöns dagegen stößt andere manchmal vor den Kopf. Immerhin stehen aber die SPD-Arbeitsgemeinschaften der Frauen und der Arbeitnehmer hinter ihr.

Bovenschulte wiederum hat den Makel, ein „Kungelkandidat“ zu sein. Denn eigentlich wollte Landeschef Beckmeyer (61) noch einmal kandidieren. Doch dann trat ein linkerer Rivale auf: Carsten Sieling (51), der neuerdings wie Beckmeyer für Bremen im Bundestag sitzt. Gut möglich, dass der Neuling den alten Hasen verjagt hätte, denn der gilt vielen als zu autoritär, und er kümmert sich mehr um sein Amt als verkehrspolitischer Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion als um die Niederungen Bremer Politik. Um einen harten Machtkampf zu vermeiden, verzichteten beide auf die Kandidatur. Und empfahlen Bovenschulte als Nachfolger.

Der muss für einen glaubwürdigen Neuanfang jetzt seine Unabhängigkeit beweisen. Und was das Geschlecht anbelangt: Nur ein Drittel der wahlentscheidenden Parteimitglieder sind Frauen – hinter vorgehaltener Hand sagt sogar eine Funktionärin, dass sie Bovenschulte für die bessere Wahl hält.

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