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Stuttgart 21: Bahnchef beharrt auf Weiterbau

Bahnchef Grube lehnt einen Baustopp für eine Schlichtung im Streit um das Bahnprojekt Stuttgart 21 weiter ab. Ein Bau- und Vergabestopp würde nach Grubes Worten pro Woche 2,5 Millionen Euro kosten.

Stuttgart/Berlin - In der Diskussion um den Umfang des Baustopps beim umstritten Bahnprojekt Stuttgart 21 hofft der als Vermittler eingeschaltete CDU-Politiker Heiner Geißler auf eine baldige Entscheidung. „Baustopp heißt, das ist ganz eindeutig, dass Baumaßnahmen nicht weitergeführt werden“, sagte der ehemalige CDU-Generalsekretär am Montag in der ARD. „Jetzt geht es nur darum: Gibt es Ausnahmen oder gibt es keine Ausnahmen? Darüber werden wir in den nächsten Tagen diskutieren.“ Geißler fügte hinzu, er habe am Sonntagabend drei Stunden mit Bahn-Chef Rüdiger Grube gesprochen. Derzeit werde geprüft, ob das Grundwassermanagement des Bauprojekts „in der Zeit der Schlichtung auch tatsächlich durchgeführt werden muss“. Er werde am Dienstag die Antwort erhalten, sagte Geißler. „Und dann wird weitergeredet.“

Grube lehnte am Montagabend jedoch einen Baustopp für eine Schlichtung im Streit um Stuttgart 21 ab. „Es kann und es darf keinen Bau- und Vergabestopp geben“, sagte er. Die Gegner des Bahnprojekts hatten zur Bedingung gemacht, dass die Arbeiten vollständig ruhen. Grube schloss dagegen aus, die Grundwasserregulierung einzustellen oder die Gleisvorfeldarbeiten auszusetzen. Ein Bau- und Vergabestopp würde nach Grubes Worten pro Woche 2,5 Millionen Euro kosten.

SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) auf, mit einem kompletten Baustopp den Weg für einen Dialog freizumachen. „Ich würde Herrn Mappus bitten, nicht zu tricksen dabei.“ Mappus hatte sich am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung mit Geißler zu einem weitreichenden Baustopp während der – nach seinen Worten bis November dauernden – Schlichtungsverhandlungen bereit erklärt. Mappus und Geißler erklärten, dass während der Schlichtungsverhandlungen Friedenspflicht herrsche und „die Bauarbeiten nicht fortgesetzt werden, soweit es sich nicht um sicherheitsrelevante Arbeiten an den Gleisen dreht“. Die Arbeiten zur Einrichtung eines Grundwassermanagements seien davon ebenfalls „unbenommen“.

Die Onlineausgabe des „Handelsblatts“ berichtete über einen möglichen Interessenkonflikt bei Stuttgarts Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) im Zusammenhang mit dem Bauprojekt. Gönner sei für eine Stiftung des Hamburger Shoppingcenter-Betreibers ECE tätig, der als Projektentwickler in ein großes Einkaufszentrum auf dem Stuttgart-21-Gelände investieren wolle. Die Grünen sehen darin einen Interessenkonflikt. „Frau Gönner sollte sich überlegen, ob sie sich aus der Stiftung zurückzieht“, sagte der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Winfried Hermann (Grüne).

Die SPD-Fraktion im Stuttgarter Landtag will den umstrittenen Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner im Schlossgarten mithilfe eines Fragenkatalogs aufklären. Einen Untersuchungsausschuss soll es zunächst nicht geben. Die Grünen-Fraktion will einen Untersuchungsausschuss beantragen, kann diesen allerdings nicht ohne Unterstützung der SPD durchsetzen.

Die SPD will die baden-württembergische Landtagswahl im März 2011 im Gegensatz zu Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht zur Entscheidung über das Bahnhofsprojekt machen. „Stuttgart 21 ist ein regionales Verkehrsprojekt. Stuttgart 21 ist keine nationale Frage und auch keine europäische“, sagte Gabriel nach einer Sitzung des SPD-Präsidiums in Stuttgart. Die SPD hat das Projekt jahrelang verfochten, plädiert seit kurzem aber für einen Volksentscheid. Als SPD-Motto für die Wahl am 27. März schlug Gabriel vor: „Wir verstehen mehr als nur Bahnhof.“ Er stellte aber klar: „Die SPD war und bleibt eine Infrastrukturpartei.“

Der baden-württembergische Linken-Bundestagsabgeordnete und frühere SPD-Landeschef Ulrich Maurer hielt den Sozialdemokraten vor, in der Auseinandersetzung um Stuttgart 21 zu lavieren. Gabriel warf er vor, sich um eine klare Aussage zu drücken. Zu Gabriels Zweifeln am Sinn eines Untersuchungsausschusses sagte Maurer: „Eigentlich müsste dem SPD-Chef doch daran gelegen sein, dass die ganze Wahrheit um das verkehrspolitische Milliardengrab ans Tageslicht kommt.“ dpa/AFP/m.m.

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