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Die drei von der Schlichtungsstelle. Der frühere Stuttgarter SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Conradi (li.), Gangolf Stocker, Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 und Grünen-Gemeinderat Werner Wölfle nach der Sondierung.

© dapd

Großprojekt: Stuttgart-21-Gegner lenken ein

In der ersten Sondierung zwischen Anhängern und Gegnern des Bahnprojekts Stuttgart 21 haben die Grünen die Legalität des Baus anerkannt und sprechen nicht mehr von Baustopp. Die Bahn macht derweil klar: Man werde informieren, aber konsequent weiterarbeiten.

Länger als geplant, nämlich knapp drei Stunden, saßen am Freitag Gegner und Befürworter des Sieben-Milliarden-Projekts an einem Tisch. Moderiert vom katholischen Stadtdekan Michael Brock wurden mögliche Formen eines Dialogs besprochen. Das ist vage, aber nicht nichts: Beide Seiten lobten den respektvollen Umgang. Ob es zur Fortsetzung des eben begonnen Dialogs kommt und wenn ja, in welcher Form man weiterdebattiere, ist nicht entschieden. Der Stuttgarter Gemeinderat und verkehrspolitische Sprecher der Landtags-Grünen, Werner Wölfle, will sich am liebsten schon kommende Woche erneut zusammensetzen. Er räumte ein, dass die Proteste nicht nur mit dem Bahnprojekt zu tun haben, sondern Ausdruck einer allgemeinen Unzufriedenheit seien. Er bekräftigte, die im Februar begonnenen Bauarbeiten seien legal. Ein Abbruch der Arbeiten „käme ohnehin nicht infrage“, so Volker Kefer, im Bahn-Vorstand zuständig für die Infrastruktur. Genau dies machte wiederum Gangolf Stocker, Chef eines Bündnisses von Projektgegnern, zuvor zur Bedingung für weitere Verhandlungen.

Zeitgleich mit den Sondierungsgesprächen präsentierten die Projektträger ihren neuen Sprecher, den ehemaligen Stuttgarter Regierungspräsidenten Udo Andriof. Andriof leitete zuletzt die Regierungskommission zum Winnender Amoklauf. Bei der kurzfristig anberaumten Vorstellung am Stuttgarter Flughafen bekräftigten sowohl Ministerpräsident Stefan Mappus als auch Bahn-Chef Rüdiger Grube, dass die Bauarbeiten fortgesetzt werden. Er könne seine „Arbeit nicht von Landtagswahlen abhängig machen“, sagte Grube.

Mehrere tausend Menschen hatten am Abend zuvor erstmals sichtbar auf dem Rathausplatz für das Vorhaben demonstriert. „Wir sind Stuttgart“ hieß die Parole, die mehrere Unterstützergruppen eines neuen Bahnhofs zusammenführte. Zum vierten Mal trafen sich die Befürworter, die Teilnehmerzahlen steigen ständig. Am Donnerstag sollen es nach Polizeiangaben rund 3000 gewesen sein. Darunter auch eine einsam ihre kleine grüne Fahre schwenkende S-21-Gegnerin, die stillschweigend geduldet wurde.

Deutlich aggressiver zuvor die Stimmung im Rathaus, als der Stuttgarter Gemeinderat zum ersten Mal nach der Sommerpause zusammentrat. Ein Stadtrat der linken Splittergruppe SÖS hatte angegeben, einen Antrag zum sofortigen Baustopp abstimmen zu lassen – das Papier aber gar nicht eingereicht. Die lautstarken Rufe „Lügenpack“ von der Zuschauertribüne ins Plenum galten indes nicht ihm, sondern den Projektbefürwortern aus CDU, SPD, FDP und Freien Wählern, die im Stuttgarter Gemeinderat eine breite Mehrheit haben. Um die Lage zu entschärfen, hatte OB Wolfgang Schuster zugelassen, dass die Gegner einen Appell verlasen, der sich für ein Moratorium ausspricht. Damit allerdings vergrätzte er die eigene CDU-Fraktion, die wie die Liberalen dem Sitzungsauftakt zunächst fernblieb. Weil die S-21-Gegner mit justiziablen Beleidigungen störten, wurde die Sitzung abgebrochen.

Die bürgerlichen Parteien wollen nun in der nächsten Sitzung ihrerseits ein Manifest vortragen, das den Weiterbau gutheißt. Unterschrieben hat auch die SPD-Ratsfraktion – und sich damit gegen die Linie der Landes- und der Bundespartei gestellt.

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